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Sager sagt: Lasst Bert mal machen

Mit zarten 31 Jahren geht Concordias Daniel Sager bereits in seine x-te Saison als Oberligatrainer. Dafür schon mal „Hut ab“! Wir sprachen gestern mit ihm. Die Themen: Die Macht des Geldes, Bert Ehm und reaktivierte Ex-Profis in Schnelsen.

Stimmt es, dass Sie immens trainieren und im Grunde Hamburgs härtester Übungsleiter sind?
Ich weiss nicht, woher das Gerücht kommt. Aber ich bin sicher kein Schleifer, der seine Jungs bis zum Kotzen quält. Am Anfang der Saison habe ich das Training sogar reduziert. Die Folge: Die Spieler haben sich beschwert und wollte wieder mehr trainieren. Auch das Samstagstraining wollte ich abstellen. Dann haben wir verloren und das Samstagtraining wurde auf Wunsch der Mannschaft wieder eingeführt.

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Böse Zungen behaupten, mit der 40-Stunden-Trainingswoche müssten Sie um den Titel spielen.
Klar, ich würde auch gerne einmal um die Meisterschaft mitspielen. Aber der Kader gibt das nicht her. Wir haben letzte Saison 25 Punkte in der Rückrunde geholt. Irgendwann zahlt sich die Fitness aus. Wir waren am Ende noch total frisch und haben die Liga sicher auch deswegen gehalten.

Stichwort Kader. Cordi ist jetzt schon länger etwas klamm in der Kasse. Wie gehen Sie damit um?
Klar ist es einfacher mit mehr Geld zu arbeiten. Aber man braucht auch das richtige Händchen. Denn nur Geld allein macht es auch nicht. Wenn Du elf satte Spieler holst, die abkassieren, dann bringt dich das nicht weiter. Wir haben nicht viel und machen das Beste daraus. Wenngleich der Druck aus dem Umfeld enorm geblieben ist.

Das ist Cordi.
Ja, die Ansprüche sind geblieben, nur die Mittel gingen arg zurück. Das Umfeld lebt in der Vergangenheit und erwartet Erfolge vergangener Tage. Aber eine Serie mit zehn Siegen ist bei uns nicht möglich. Punkt!

Aber Sie wirken dennoch sehr verbunden mit dem Verein.
Klar. Die Situation reizt mich auch. Concordia steht als großer Name, der Verein leistet viel im Nachwuchsbereich und mit viel Schweiß können wir hier bald wieder was bewegen. Im Grunde ist das eine schöne Aufgabe für einen jungen Trainer.

Schnelsen leistet sich Stefan Schnoor. Was sagen Sie zum neuen Superstar in der Liga?
Ich würd auch noch spielen, wenn ich könnte. Fussball ist eine Sucht. Es macht die Liga sicherlich interessanter, wenn sich Ex-Profis nochmal beweisen. Ob das nun am Geld liegt oder nicht, dass sei dahingestellt.

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Wenn woanders der Rubel rollt – wie argumentieren Sie gegenüber potentiellen, neuen Spielern?
Alle wissen doch, dass nicht mehr viel in den Kassen ist. Und die, die auf Geld aus sind, die werden auch von den Vereinen gezogen, die Knete haben. Da sind wir nicht konkurrenzfähig. Aber durch junge Spieler, die ihre Chance in der Oberliga suchen, bauen wir uns zusammen. Wie gesagt: Wir haben eine tolle Jugendarbeit. Letztes Jahr haben wir sieben Spieler hochgezogen. Das sagt einiges.

Auch junge Trainer sind im Kommen. Was meinen Sie, wo die Vorteile gegenüber den älteren Kollegen liegen?
Alte Trainer vertrauen auf die Erfahrung und sind in vielen Bereichen schlichtweg altmodisch. Die jungen Trainer sind da näher am Geschäft, finden oftmals den besseren Ton gegenüber den 20-Jährigen. Und sie sind modern geschult.

  • #Seine Stationen als Spieler: Hamburger SV U19, Waldhof Mannheim, FC St. Pauli, Stuttgarter Kickers, VfL 93

Jürgen Klopp und Thomas Tuchel wären dann die prominenten Beispiele.
Genau. Beide haben sich einen überragenden Kader zusammengebastelt. Mit jungen Spieler, die super entwicklungsfähig sind. Und sie verleihen der Mannschaft nun ihre Handschrift. Das muss ein Vorbild für alle sein, die nicht die Hunderter und Tausender aus dem Fenster werfen.

Anderes Thema: Was halten Sie von der Regionalligareform?
Es gibt der Liga neuen Anreiz, denn momentan spielt man nur dafür, nicht abzustiegen oder den Pokal zu holen. Ich sehe die Reform positiv. Gerade für die jungen Talente wird die Bühne größer.

Ist das auch ein Anreiz für Sie im nächsten Jahr?
Ja sicherlich. Erstmal zählt aber die aktuelle Saison, in der wir die Klasse halten wollen.

Haben Sie nächstes Jahr noch Vertrag bei Concordia?
Nein.

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Wie sieht die Zukunft von Daniel Sager aus?
Ich mache gerade meine ganzen Lizenzen. Normalerweise säße ich jetzt auch an der A-Lizenz, aber das musste ich aufgrund der beruflichen Selbstständigkeit verschieben. Klar ist: Ich möchte höher trainieren.

Ist Ihnen die Hamburger Oberliga auf lange Sicht zu wenig?
Ich versuche mit meinen Jungs professionell zu arbeiten. Sowohl auf als auch neben dem Platz. Ich mag es nicht, wenn man mit Trikot in der Kabine sitzt und raucht und trinkt. Das kan man machen, wenn man Erfolg hat. Und dafür sollte man sich sowas auch aufsparen. Alles andere ist amateurhaft, das ist Kneipensport. Wir sind schon im Leistungsfussball, wenngleich die Oberligen anderwo in Deutschland sicherlich stärker sind.

Wie gehen Sie mit Problemfussballern um?
Die habe ich ja schon relativ häufig erlebt. Ich gebe Spielern, die extravagant sind, die lange Leine, will dafür aber sportliche Gegenleistung sehen. Es kann nicht sein, dass einer nichts bringt, aber lange Leine will. Du darfst sie nur nicht komplett gerade biegen, dann verlieren sie an Qualität. Es gibt Rahmenbedingungen, die eingehalten werden müssen, aber du darfst sie nicht mit Regeln erdrücken.

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bert, congrats to you

Für einige Trainer gibt es offenbar keine Regeln. Verfolgen Sie die neue Form des Aufeinanderlosgehens?
Man nimmt das zur Kenntnis. Einer wie Bert Ehm war schon immer so aufbrausend. Ich will es dennoch nicht überbewerten. Nach Jahren des Erfolgs muss er jetzt einige Rückschläge verkraften, dass ist sicherlich Neuland. Letztendlich muss er selbst wissen, wie er sich verhält. Mich interessiert das allerdings nur wenig. Lasst ihn doch.

Das Gespräch führte Mario Jurkschat




Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.