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Meiendorfer SV: die Monsteraufgabe

Der Meiendorfer SV hatte stets den Ruf des frischen Fußballs. Gerade weil im Nordosten der Stadt Kantersiege über Jahre hinweg eine Konstante waren. Doch der spektakuläre Amateursport an der B75 steht auf dem Prüfstand. Alle Verträge laufen am Ende der Saison aus. Die Stimmung wankt zwischen schlecht und hoffnungslos. Trotz Bert Ehm.

Vor dem heutigen Mittwochstraining wird sich der 64-Jährige Bert Ehm erstmals vor die Meiendorfer Spieler stellen , und Dinge sagen, die man in so einer Situation zu sagen hat. ‚Hallo, ich bin der Bert, wir sehen uns im Sommer. Ähm, wenn ihr nicht absteigt.“

Vielleicht sind sogar Durchhalteparolen zu hören. Immerhin steht der MSV vor einem großen personellen Umbruch. Doch dazu später mehr.

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Der aktuelle Wochenticker: Das ist los in Hamburgs Amateurlager.

Beginnen wir mit der Vergangenheit. Denn noch im Sommer 2010 fing alles so gut an. Auf einem gut kalkulierten Etat, etwa 60.000 Euro, baute sich eine geordnete Mannschaft. Talentierte wie erfahrene Spieler trafen sich zum Leistungsfußball – Göttlings Mix galt als gefährlich.

Nebenher entstand eine große Anzeigetafel. Die ist heiß und hübschte die ohnehin schon schnuckelige Amateurarena noch ein bisschen mehr auf. Kurz und gut: Der Verein befand sich in einer prächtigen Situation.

Eine gefährliche Situation | Meiendorfer SV

Selbst die sportliche Auftaktpleite gegen den Aufsteiger Bramfeld wurde locker hingenommen. Nur kam der MSV-Tross auch in der Folge irgendwie nicht in Tritt: Aus dem plötzlichen Fauxpas am ersten Spieltag entwickelte sich eine fiese Negativserie. Zum Ende der Hinrunde stehen 17 Punkte auf dem Konto. Der MSV steht hauchdünn über dem Strich. Die ganzen schönen Dinge aus dem Sommer sind nur noch in vager Erinnerung.

Und nun hat der Meiendorfer SV auch noch den vielleicht besten Trainer der Hamburger Oberliga verloren. Lutz Göttling geht im Sommer zum SC Victoria. Außerdem: Der Verein bangt um die Klasse. Und es bleiben nur noch wenige Wochen, um die Leistungsträger zu halten.

Alle (!) Verträge laufen aus. Kein einziger Spieler hat einen Kontrakt für die kommende Spielzeit. Die medizinische Abteilung steht vor dem Absprung. Ein Torwarttrainer ist nicht in Sicht.

Keine Frage. Es ist eine gefährliche Situation.

Doch nicht nur beim Personal liegt was im Argen. Denn nach btb-Informationen hinterlässt Göttling nicht nur eine große Kompetenzlücke, auch werden dem MSV in der kommenden Spielzeit etliche tausend Euro fehlen. Der Geschäftsführer eines Fliesengroßhandels konnte Teile seines Netzwerkes immer wieder zu Finanzspritzen zugunsten des Vereins bewegen.

Die sportliche Dürre droht | Meiendorfer SV

Dass Jetzt-Obmann Frank Stolina und Noch-Obmann Karsten Böhmer noch kein einziges Wort miteinander gesprochen haben, passt ebenfalls ins aktuelle Bild des komischen MSV. Die Folge: Beinahe in jedem Bereich der Oberligaabteilung herrscht Ungewissheit.

Einigkeit herrscht dagegen in einem Punkt: Die sportliche Dürre droht.

Die Verantwortlichen, die neuen Macher sind nun gefragt und müssen zügig Entscheidungen treffen. Sie haben elementare Dinge zu klären, wollen sie den schmucken Verein zurück auf Kurs bringen. Immerhin gilt es die komplette Kaderzusammenstellung für die kommenden Jahre zu bewerkstelligen. Eine Monsteraufgabe.

User Mezo: Wollte euch man ganz dicke loben. In der winterzeit seit ihr
mit abstand die beste Info quelle für amateurfussball. Macht weiter so!“

Mit einem wohl sehr hektischen Ehm an der Front ist dem Verein zu wünschen, dass die monströse Aufgabe gelingt. Auch Stolina wird alle Hände voll zu tun haben.

Immerhin gibt es Lichtblicke: Mit der Kaderplanung im Januar ist der Verein früh dran. Der Oddset-Pokal (es geht gegen Concordia) ist auch noch drin. Und ein 30-köpfiger-Sponsorenpool wird dem Verein, wie in den vergangenen Jahren, wohl auch weiter helfend zur Seite stehen.

Deshalb: Mit etwas Glück sieht Bert Ehm den ein oder anderen Spieler am Mittwochabend nicht das letzte Mal, sondern auch am 1. Juli.

Hübsche MSV-Fakten

– in 68 Heimspielen nur 9 Niederlagen (45-14-9)
– diese Saison bereits 6 Heimniederlagen (in 8 Spielen)

– 2007 bis 2010 am Saisonende zu Hause jeweils nur 15, 15, 19, 13 Gegentore
– diese Saison bereits jetzt 15 Gegentore

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– 2007 bis 2010 holte der MSV insgesamt 269 Punkte aus 136 Spielen, im Schnitt also 1,98 Punkte pro Partie
– diese Saison nur 17 Punkte aus 17 Spielen

– 2007 bis 2010 schoss der MSV insgesamt 293 Tore in 136 Spielen, im Schnitt 2,15 Tore pro Spiel
– diese Saison erst 24 Tore, im Schnitt 1,41 Tore pro Spiel

– zuletzt stieg der MSV 1999 als Tabellenvierzehnter aus der Verbandsliga ab, damals mit 31 Punkten aus 30 Spielen – genau wie jetzt: Platz 14 und im Schnitt nur 1 Punkt pro Spiel

Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.