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kappler | wird cordi wieder cool?

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Mehr als zehn Jahre verbrachte Christian Kappler beim SC Concordia. Mit 30 Jahren ist er nun der Kapitän der Oberligamannschaft. „Er genießt eine außerordentliche Stellung“, betont sein Trainer Andreas Führer. Im großen Interview blickt Kappler zurück und spricht über eine unglückliche Personalie. Dazu: Wie wird Cordi wieder cool?

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Das Gespräch führte Mario Jurkschat

blog-trifft-ball.de: Wieviel Concordia steckt noch im Verein?
Christian Kappler: Nicht mehr viel. Das merke ich an mir. Früher bin ich stolz wie Oskasr mit dem Cordi-Anzug durch die Stadt gelaufen. Heute verstecke ich das Emblem.

btb: Tatsächlich?
Kappler:
Naja, wenn ich an damals denke, da hat sich doch jede Oberligatruppe in die Hose gemacht. Freitagabend, 19.30 Uhr, Marienthal. Das Flutlicht. 600 Zuschauer. Das war eine einzigartige Fußballatmosphäre.

btb: Ich erinnere mich gut.
Kappler:
Jeder erinnert sich gerne daran. Aber davon ist nichts mehr übrig. Wir sind mittlerweile einer von vielen Clubs. Cordi ist nichts besonderes mehr.

btb: Was ich mich frage: Sind die Ursachen eigentlich bekannt?
Kappler: Nun, so eine Entwicklung zieht sich ja über Jahre. Daher meine ich: Seit 2005 hat sich eigentlich das eingeschlichen, was man heute sieht. Man konnte in den letzten Jahren erahnen wo der Weg des Vereins hinführen wird.

btb: Das klingt sehr oberflächlich.
Kappler: Wir waren damals Herbstmeister in der alten Oberliga und wären mit einer ähnlichen Rückrunde aufgestiegen. Dann sagte man uns, dass der Verein auf einen Regionalligaaufstieg verzichten würde . Ab dem Tag war die Luft raus.

btb: Was hat das mit heute zu tun?
Kappler:
Es waren die ersten Schritte, die den heutigen Aderlass widerspiegeln. Marc Fascher verließ den Verein, etliche Spieler gingen. Die Aussicht auf sportlich höhere Ziel war im Keller. In dieser Zeit, selbst wenn man die Aufstiegsspiele verloren hätte, hätte man als Verein ein Zeichen setzen können. „Hey Leute, der Verein will was erreichen. Wir wollen aufsteigen und dritte Kraft Hamburgs werden“. Man wollte aber nicht.

btb: Es gibt auch den Fall Altona 93. Die Regionalligasaison hängt dem Verein heute noch schwer in den Kleidern.
Kappler: Ich rede nicht vom Finanziellen. Wir wurden sportlich abgewürgt. Das tat richtig weh. Am schwerwiegendsten war aber der Verlust von Rollo Stein.

btb: Rollo Stein. Die persona non grata.
Kappler: Rollo war ein Spitzenmanager der alten Garde. Er war jahrelang sehr erfolgreich. Er hat den Verein gelebt und sich, wenn man das so sagen darf, aufgeopfert, den Arsch aufgerissen.

btb: Er hat aber auch Vielen in den Arsch getreten.
Kappler:
Rollo war Cordi. Arrogant und erfolgreich. Und er war ein sturer Hund, der bekam, was er wollte. Intern entstand eine riesige Lücke als er ging. Im Grunde bis heute.

btb: Ein Mann namens Florian Peters ist als Manager installiert worden.
Kappler: Der kann das nicht. Einen Rollo Stein kann man nicht mit einem jungen, unerfahrenen Mann ersetzen.

btb: Das Kompetenz-Vakuum ist demnach noch existent?
Kappler:
Absolut. Zumindest was diesen Posten betrifft. Wir sehen den Herrn Peters nie und reden auch nicht mit ihm. Er weiß überhaupt nicht, wie die Mannschaft tickt.

btb: Sie stehen der Personalie also sehr skeptisch gegenüber?
Kappler:
Die ganze Truppe zweifelt. Grade beim Sager-Rauswurf hat er uns kritisiert, obwohl er selbst kaum Positives leistete. Im Grunde sehen wir ihn nur in der Stadionzeitung. Das ist sein Forum Kritik an uns zu üben.

btb: Sollen wir besser das Thema wechseln?
Kappler: Ich denke, er weiß um sein Standing innerhalb der Mannschaft. Außerdem: Wir haben dem Vorstand gesagt, dass er für uns nie die erste Ansprechperson sein wird. Damit ist das Thema seitens der Truppe geklärt.

btb: Zurück zum Beginn: Wie wird Cordi wieder Cordi?
Kappler: Das weiß ich nicht. Fakt ist aber, dass Cordi einst ein Sprungbrett für Talente war. Das muss man auch einem Sager nachhaltig ankreiden. In der Richtung passierte zuletzt wenig bis gar nichts. Sager hat so viele gute Kontakte zu St. Pauli, da hätte er etliche Talente mit locken können. Dass er mal sagt: „Ich kann dafür sorgen, dass ihr ein Probetraining bei einem Profiverein bekommt, wenn ihr drei gute Spiele macht. Ich gebe euch die nötige Spielpraxis.“ So läuft das doch.

btb: Daniel Sager ist nicht mehr da. Jetzt macht’s Keegy Führer.
Kappler:
Und er macht das besser.  Er setzt mehr auf den eigenen Nachwuchs. Das spürt man bereits nach den ersten Wochen. Und das tut dem Verein gut. Insgesamt ist die Atmosphäre mit Keegy erheblich positiver.

btb: Cordi stand und steht für ausgezeichnete Jugendarbeit.
Kappler: Absolut! Nomalerweise müssen jedes Jahr fünf bis sechs Talente den Sprung in den Herrenbereich schaffen. Wir spielen Oberliga, haben eine zweite Mannschaft in der Landesliga. Das sind Möglichkeiten, die aktuell kaum ein Verein bieten kann. Für 17-, 18-Jährige sind das richtig gute Vorraussetzungen. Das muss der Verein endlich begreifen. Sonst macht die ganze Jugendarbeit doch keinen Sinn.

btb: Es schien manchmal, als täte sich niemand dafür interessieren, dass der Nachwuchs in der Bundesliga spielt…
Kappler: Es gab jahrelang Versäumnisse. Im Grunde machte sich kein Trainer die Mühe und beschäftigte sich über einen längeren Zeitraum mit den B- und A-Junioren. Kein Ligatrainer hat sich dafür interessiert. Dabei spielten die Nachwuchsteams in der Regionalliga und Bundesliga. Das geht ja eigentlich gar nicht.

btb: Im Winter holte der Verein den 26-Jährigen Bertrand Bingana. Die richtige Entscheidung?
Kappler: Wenn du so einen Spieler holen kannst, dann musst du das machen. So einer hilft uns aktuell sicher eher weiter als ein Jungspund. Um die Jugend hätte man sich vor der Saison kümmern müssen. Nun müssen wir zusehen die Brände zu löschen.

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btb: Sonst geht’s in Landesliga…
Kappler: Das hält uns der Vorstand auch immer wieder vor Augen. Wir wollen nicht zu den Trotteln gehören, die erstmals abgestiegen sind. Das ist absolute Motivation für uns.

btb: Dann halten wir inne und fragen ein letztes Mal: Wie wird Cordi wieder cool?
Kappler:
Wir brauchen Spieler, die emotional am Verein hängen. Die einfach Lust auf den Verein haben und leidenschadftlich bei der Sache sind. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Emblem wieder cool ist.

Die aktuelle Tabelle der Oberliga Hamburg

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Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.