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Jakob Sachs | Einfach mal stolz sein

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Die Berater. Das Geld. Profisein. Das wichtigste Tor seiner jungen Karriere. Im folgenden Teil des großen Jakob-Sachs-Interviews liefert der Zurzeit-Kieler erneut viel Lesestoff. ps: Es war eine Freude.

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Das Gespräch führte Martin Sonnleitner

blog-trifft-ball.de: Wie wichtig ist ein guter Berater?

Jakob Sachs: Es ist fast das Wichtigste heutzutage, dass man einen guten Berater hat. Ich bin ja dann zu André Breitenreiter gewechselt, dem ich viel zu verdanken habe. Zum ersten Mal hat mich in der A-Jugend ein Berater angesprochen, aber da weiß man noch nicht, was gut und was schlecht für einen ist. Kann sein, wenn ich damals schon einen guten Berater gehabt hätte, dass ich früher durchgestartet wäre. Viele Berater sind immer nur da, wenn es gut läuft. Ein Berater muss aber auch da sein, wenn es schlecht läuft. Breitenreiter sagt mir immer, Beständigkeit wäre wichtig. Ein Berater muss auch kritisch sein, sagen, wo es hakt. Er muss dich weiterbringen und nicht ständig gucken, wo der bessere Verein für dich sein könnte.

Andre Breitenreiter galt Anfang der 90er als größtes Stürmertalent Deutschlands. Er gewann als 19-Jähriger 1992 mit dem damaligen Zweitligisten Hannover 96 den DFB-Pokal und wechselte 1994 in die Bundesliga zum HSV. Insgesamt erzielte er in 144 Erstligaspielen 28 Tore.

Es geht also um eine mittelfristige Planung, keine Schnellschüsse?

Ja, was bei Breitenreiter sehr seriös war, er wollte zunächst gar keinen Beratervertrag aufsetzen. Die meisten Berater wollen dich immer gleich zwei, drei Jahre unter Vertrag nehmen. Er meinte, das brauchen wir nicht, erstmal geht es um Vertrauen. Er ist ja Trainer beim TSV Havelse in der vierten Liga, war vorher Spieler dort. Das zeigt doch, was für ein Typ er ist.

Jakbo Sachs | Teil 1 | Profi oder Halbrprofi?

Planst du denn länger in Kiel (Vertrag bis 2012, die Red.) zu bleiben oder siehst du noch andere Karriereoptionen?

Ich habe jetzt erstmal geplant, in Kiel zu bleiben. Jedes Jahr zu wechseln, bringt doch nichts. Man muss auch realistisch sein, ich bin nicht mehr der Jüngste, keine 19 mehr. Es war ein Vertrag über zwei Jahre, den Vertrag will ich auch erfüllen. Dann kann man immer noch sehen.

Zweitligist Rot-Weiß Oberhausen war ja auch nochmal dran im Sommer.

Da hieß es, sie wollten mal gucken, wie ich mich weiterentwickele. Das ist ja auch immer eine klare Ansage, heißt, es hat wohl nicht gelangt. Es ist aber immer eine gute Erfahrung, man weiß nie, was einem ein Probetraining auf dem Niveau nochmal bringen kann. Das kommt auch bei anderen Vereinen gut an. Man versucht immerhin etwas, das ist auch ein Reiz für andere Vereine, wenn einer da schon mal reingeschnuppert hat.

Nochmal: Wäre nicht mehr drin gewesen?

Klar, hätte ich frühzeitig einen anderen Berater gehabt, wäre vielleicht anderes möglich gewesen. Ich bin in der Tat erst ziemlich spät richtig gefördert worden. Das Problem war, dass ich zunächst bei den Herren, unter Andreas Prohn, keine feste Position hatte. Ein Spieler braucht das aber, um sich zu entwickeln. Ich war ja erst rechter Verteidiger, war überall. Das Problem ist, wenn dich der Trainer überall hinstellt, bist du zwar variabel, aber nie erste Wahl, weil du überall rum gereicht wirst. Du bist immer Notnagel, wenn einer verletzt ist, dann kommst du auf die nächste Position. Du wird nie richtig ausgebildet, das hat mich in der Entwicklung auch gehemmt. Man kann Messi ja auch nicht Innenverteidiger spielen lassen. Mit Torsten Fröhling war es dann der Wendepunkt beim AFC, die Saison 2007/2008. Die vielen Tore, da wusste ich, ich könnte vom Fußball vielleicht leben. Auf einmal war auch das Interesse vieler Vereine da. Ich habe gesehen, ich kann das, habe das Potential, davon zu leben, das war der Schub. Das habe ich jetzt geschafft, jetzt kommt das nächste Ziel, mit Holstein Kiel aufzusteigen. Man muss doch auch stolz auf sich sein: Immerhin habe ich es geschafft, gut vom Fußball zu leben.

Was sind denn Deine Stärken?

Ich hätte gleich offensiv aufgestellt werden müssen, war später ja sogar auch Stürmer. Ich bin Offensivspieler. Ich mag es, weite Wege zu gehen und Flanken zu schlagen. Ich muss lang geschickt werden, bin schnell. Ich bin ein Läufer, das ist mein Spiel. Klar muss man als Vorlagengeber auch etwas am Ball können, das ist klar. Bei Lübeck war das Spiel stark auf mich fixiert. Lange Bälle, ich gebe Vorlagen. Jetzt bei Kiel bin ich nicht mehr der Schlüsselspieler, es gibt viele gute Spieler. Die Qualität ist sehr hoch, ich bekomme die Bälle nicht immer so in den Raum, wie bei Lübeck und muss mir viel erarbeiten. Das ist ein anderes Spiel, und ich lerne dadurch sehr viel, musste zum Beispiel meine Defensivarbeit verbessern.

Das sind wir wieder beim Punkt. Eigentlich sind es mindestens Drittliga-Bedingungen in Kiel.

Kiel müsste eigentlich Zweite Liga spielen. Mit dem Leistungszentrum, auch die Stadt steht dahinter. Von der Infrastruktur träumen einige Zweitligaklubs. In Schleswig Holstein gibt es ja außer Kiel und Lübeck sonst nichts. Die fahren alle nach Hamburg, um Fußball zu gucken. Als gegen Leipzig im vierten Ligaspiel 6000 Zuschauer kamen, hatte es schon etwas von dieser Atmosphäre. Es war wie im DFB-Pokal 2009 mit Lübeck gegen den Bundesligisten FSV Mainz, da hatten wir fast 8000 Zuschauer.

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Ein spektakulärer 2:1-Sieg in der ersten Hauptrunde. Jakob Sachs erzielte in der Verlängerung den Siegtreffer.

Das war das schönste Erlebnis, das ich je als Fußballer erlebt habe. Ich wusste nicht mehr, was los war. In der „Bild“ stand: „Der 100.000-Euro-Bomber.“ Ich bin mit SMS und Facebook-Einträgen zugeschüttet worden. Ein Freund war in Berlin im Joeys Pizza-Service. Da lief unser Spiel, es war das letzte, das noch lief. Mein Freund sah mich nach fünf Minuten, ich traf in der 93. Minute. Der ganze Laden hat geschrien. Da kriegt man auch hinterher noch Gänsehaut. Deswegen spielt man Fußball.

Schildere das Tor doch mal.

Es war Flanke von links, zwei Leute wollten zum Kopfball, der ist aber durchgegangen. Ich habe am zweiten Pfosten gewartet, der Ball kam einmal auf. Ich habe ihn halbhoch volley genommen, er ist ein bisschen von einem anderen Spieler abgeprallt. Der Torwart lag schon in der einen Ecke, er war schwer zu nehmen, ich konnte es nicht besser lösen. Hohes Risiko, gut getroffen. Es war traumhaft.

Besteht denn insgesamt ein großer Unterschied zwischen vierter und Zweiter Liga?

Von der Trainingsintensität nimmt es sich nicht mehr viel. Wir trainieren auch meistens zweimal am Tag. Nur die Intensität ist weiter oben höher. Da hast du nochmal eine ganz andere individuelle Betreuung. Fußballer sind fast wie Maschinen und werden auch so eingestellt und abgestimmt. Da wird genau abgemessen. Das geht bei uns auch so los. Wir haben einen Fitnessspezialisten, der trainiert Feinheiten, das merkt man dann auch. Zweite Liga ist nochmal anders, ich denke aber, das Potential wäre da, für die beiden ersten Ligen. Man muss sich nur an das Tempo gewöhnen. Das haben mir Leute von Holstein Kiel, die schon oben gespielt haben, auch gesagt. Wenn ich in die fünfte Liga zurückgehen würde, würde ich mich auch an das niedrigere Tempo gewöhnen, du passt dich an. Klasse verlernst du aber nicht. Wenn du jeden Tag in der ersten Liga mittrainierst, wirst du automatisch besser, man passt sich dem Niveau an.

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Wie wichtig ist es denn nun, im Norden geblieben zu sein?

Ich habe hier ja schon einige Klubs jetzt durch. Das ist eine schöne Erfahrung. Wenn ich nach Hamburg zurückkommen würde, könnte ich zu jedem Klub gehen. Das ist ja auch eine Anerkennung, diese Option zu haben. Wenn ich zurück nach Hamburg komme, werde ich auch nicht aufs Finanzielle achten, sondern darauf, dass ich mich wohl fühle.

jakbo sachs | teil 1 | profi oder halbrprofi?

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.