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HFV-Präsident Dirk Fischer im Interview

Teil 2: Dirk Fischer über eine Neuregelung
im Spielplan, die neue Regionalliga und Pyrotechnik.

Wie haben Sie den Vorfall beim Schweinske-Cup gesehen?
Die Vorfälle beim Schweinske-Cup, waren von vornherein auf Krawalle und Gewalt angelegt. Das war nicht aus dem Geschehen eines Hallenturniers heraus entstanden. Sondern da sind Leute verabredet hingegangen, um dort richtig Putz zu machen und ihre Zerstörungswut auszuleben. Ich meine es war ja nicht nur in der Halle. Was die vor der Halle alles kaputtgeschlagen haben, ist ganz schlimm. Da haben sie auch teilweise Frauen von der vermeintlich anderen Mannschaft bis auf die Frauentoilette verfolgt. Also diese Leute sind ja jenseits von Gut und Böse.

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Wie lassen sich solche Verhaltensweisen denn erklären?
Wir sind als Fußballsport oftmals betroffen, weil wir den höchsten Zuschauerzuspruch haben und dann Leute mit der Hoffnung kommen, sie könnten aus der Masse heraus solche Dinge tun, ohne dass sie Gefahr laufen, verhaftet zu werden. Die nehmen dann die Masse als Schutzgürtel. Vor einigen Jahren gab es in der zweiten Liga hier in Hamburg das Spiel Pauli gegen Rostock und außen rum war richtig was los. Polizeieinsatz, Gewalt und so weiter. Dann haben sie  ca. 50 Leute festgenommen und sehr viele von denen hatten keine Eintrittskarte. Solche Gewaltliebhaber, Hooligans nutzen solche Ereignisse, um ihrer Gewaltleidenschaft Ausdruck zu verleihen. Und der, der den Polizisten David Nivel bei der WM 1998 in Frankreich schwer verletzt hat, stand dann hinterher in Essen vor Gericht. Da kam er rein, mit Schlips und Kragen und war Angestellter einer Bank. Das muss man sich mal vorstellen. Da werden Leuten abgeurteilt, die sie sich als Gewalthooligans gar nicht vorstellen können.

Also liegt es gar nicht am Fußball, sondern an der großen Zuschauerzahl, die das Spiel anlockt?
Ich sage immer, wäre Bogenschießen die populärste Sportart mit dem höchsten Zuschauerzuspruch, dann würde sich vielleicht alles dort abspielen. Allerdings sage ich auch, dass in den Stadien die Vereine verantwortlich sind. Sicherheitsbeauftragte, gut eingestellte Ordner, Trennung der Fanbereiche und so weiter. Und da ist es vielleicht auch wichtig, dass wir in der Körpersprache auf dem Platz als Trainer und Betreuer, die ich dafür ganz verantwortlich halte, anders agieren. Ich habe mal bei der Norddeutschen Meisterschaft im Futsal etwas erlebt. Da war eine Mannschaft da, die hatte einen Trainer dabei, da dachte man, der ist wild geworden. Der hat die Mannschaft so angefeuert, als würde da ein „Dritter Weltkrieg“ veranstaltet. So einen Trainer muss ich aus dem Verkehr ziehen. Der ist pädagogisch ungeeignet für die Traineraufgabe. Der Trainer muss seinen Spielern sagen, wir kämpfen, aber mit fairen Mitteln. Und die Spieler können den Fans auch signalisieren, dass das zwar ein Wettkampf ist, der leidenschaftlich geführt wird, aber, dass man irgendwo mit Begrüßungshandschlag, Glückwunsch, Trikottausch, Hilfestellung beim Aufstehen, Entschuldigungsgesten oder Hilfestellung bei Verletzungen ein Zeichen setzt. Das sind alles gute Gesten, um den Fans zu sagen, hier wird kein Krieg veranstaltet, sondern ein sportlicher Wettkampf. Deswegen würde ich den Trainern und Vereinen auch immer sagen, bringt euren Mannschaft auch immer ein bisschen von diesen Fair-Play-Reaktionen bei, denn das kann wichtig sein für die Fan-Kultur.

Wie sollten sich neutrale Zuschauer ihrer Meinung nach auf den Rängen verhalten?
Es darf keine falsche Kumpanei stattfinden. Die guten und leidenschaftlichen Fußballfans müssen eine klare Grenzlinie zwischen sich und den Gewalthooligans ziehen. In der Alsterdorfer Sporthalle habe ich damals teilweise den Eindruck gehabt, dass die einen und die anderen zusammen die Polizei beschimpft haben. Das ist nicht gut. Die guten Fußballfans müssen denen sagen: „Haut ab, wir wollen euch hier nicht haben, ihr zerstört uns den Fußball.“ Dabei sollen sie sich nicht selbst in Gefahr bringen, aber es gibt ja gewisse Möglichkeiten – auch verbal – für eine große Zahl wirklich sportbegeisterter Fußball-Fans.

Laut Cordula Henning, Leiterin der Informationsstelle/Sporteinsätze bewegen sich die Polizeieinsätze auf Hamburger Plätzen seit 2006/2007 zwischen sieben und zehn pro Jahr. Relativ erfreuliche Werte.
Das ist richtig, mehr als neunundneunzig Prozent der Spiele finden völlig korrekt und ohne solche Vorfälle statt. Die größten Probleme hatten wir in der Vergangenheit dann, wenn türkisch/kurdische Vereine spielten. Das ging aber nicht vom Verein oder Spielern aus, sondern von irgendwelchen Leuten, die dann plötzlich als Zuschauer in das Spiel einbrachen und das Prügeln anfingen. Die Leute im Verein sind auch eher ein tragischer Fall. Denn die haben gesagt, wenn wir uns gegen die stellen würden, wären wir unseres Lebens nicht mehr sicher. Die haben es unter dem Gewaltdruck nicht gewagt, sich dagegen hinreichend zur Wehr zu setzen, mit der Folge, dass sie am Ende völlig aus dem Spielbetrieb verschwunden waren. Ein Sonderproblem, denn hier werden „Stammeskämpfe“ dritter Staaten ausgeführt. Ansonsten sind wir natürlich bemüht, solchen Situationen auf und neben dem Platz beispielsweise mit Coolness-Seminaren entgegenzuwirken.

Lässt sich mit Seminaren oder Tagungen überhaupt eine Entwicklung forcieren, die den Sport Fußball jemals völlig gewaltfrei werden lässt?
Wir bemühen uns in dieser Richtung schon sehr. Aber das gesamtgesellschaftliche Problem, das Gewaltpotenzial- und Denken in der Gesellschaft, das können sie auf dem U-Bahnhof Jungfernstieg als Problem haben oder auf St. Pauli oder sonst wo. Das können wir mit Schulungsseminaren des Hamburger Fußball Verbandes natürlich auch nicht in den Griff bekommen und lösen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Politik, Medien, Verbände, Vereine und Fanclubs insgesamt versuchen müssen zu bekämpfen.

Der HFV zeigt sich nicht nur im Bereich Gewaltprävention sehr engagiert. Auch dem Thema Rassismus widmet sich der Hamburger Fußball Verband ausgiebig. Wie beurteilen Sie die Entwicklung in den letzten Jahren und lässt sich Rassismus überhaupt nachhaltig bekämpfen?
Wir tun jedenfalls alles, um Rassismus zu bekämpfen. Ich lasse keine Gelegenheit aus, um zu sagen, dass der DFB und der HFV gegen Diskriminierung, gegen Rassismus und gegen Gewalt sind. Wir beten das rauf und runter und tun alles, um das zu stigmatisieren. Und wenn sowas vom Schiedsrichter oder von Zeugen auf dem Platz wahrgenommen wird, von Zuschauern gegenüber Spielern, von Spielern untereinander, dann hat das erhebliche Konsequenzen. Es gab ja auch mal jemanden, der Herrn Owomoyela beleidigt hat und dafür eine anständige Sperre bekommen hat. Da kann man nur über solche Einzelfälle, die vernünftig abgestraft werden, entgegenwirken. Aber ansonsten: Manch dummes Zeug, was Leute so sagen, kann man kaum präventiv verhindern. Es ist dann halt gesagt. Es wird im Lande so viel Törichtes gebrüllt, dass man manchmal auch besser weghört, als dass man sich damit auseinandersetzt. Wissen sie bei mir um die Ecke, da steht an einer Wand „Deutsche raus!“. Ist das Rassismus? Naja.

Kommen wir zum Abschluss auf die Verbindung zwischen Politik und Fußball zu sprechen. Als CDU-Abgeordneter sind sie zu großen Teilen dazu verpflichtet der Parteilinie zu folgen. Gibt es hier mit der Funktion des HFV-Präsidenten Kollisionspunkte?
Nö. Da hab ich noch nie einen einzigen Fall gehabt, wo das eine Rolle gespielt hätte. Wir sind politisch eine ganz gemischte Veranstaltung. Ich habe beispielsweise als Vorsitzenden des Verbands-Lehrausschusses der stellvertretenden Landesvorsitzenden der SPD im Präsidium, dazu engagierte FDP-Mitglieder und auch parteilose Präsidiumsmitglieder, die hier und dort mal sagen, was sie am liebsten wählen. Also, wir sind eine gemischte Kunterbunt-Veranstaltungen und so gehört sich das auch für einen Verband.

Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sind sie auch für infrastrukturelle Fragen zuständig. Wie beurteilen Sie beispielsweise die zusehends größer werdende Zahl an Kunstrasenplätzen, vor allem in der Innenstadt?
Ich beurteile die zusehends größere Zahl von Kunstrasenplätzen, vor allem in der Innenstadt, sehr positiv. Ich habe mich ja auch bei dem allerersten Projekt, das die Stadt gemacht hat, persönlich dafür eingesetzt. Jetzt sind wir mittlerweile bei fast 70 Plätzen in unserem Verbandsgebiet und das ist für uns natürlich eine ganz große Hilfestellung, weil wir im Jahresdurchschnitt diese Plätze viel länger und intensiver bespielen können, als normale Rasen- oder Grandplätze. Deswegen ist in einem verdichteten Ballungsraum, gerade in der Innenstadt, Kunstrasen natürlich segensreich. Und dann ist es oft so, dass die Eltern sagen, ich melde mein Kind nur noch dort an, wo Kunstrasen ist.

Paloma wartet noch auf einen Kunstrasenplatz.
Jetzt versuchen alle mit vereinten Kräften das in der Brucknerstraße hinzubekommen. Mir sagte der Bezirksamtsleiter bei denen ist vor  ca. sieben Jahren saniert worden. Der Platz ist noch in zu gutem Zustand, um schon wieder angefasst zu werden. Dann werden aber die Plätze, die damals die ersten bei der Sanierung waren, jetzt die letzten beim Anspruch auf Umwandlung in Kunstrasen sein.

Herr Fischer, vielen Dank für dieses Gespräch.

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.