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BLOG-TRIFFT-BALL trifft Thomas Wolter

Thomas Wolter kam über den HEBC zu Werder Bremen und schaffte es ab 1984 auf über 300 Bundesligaspiele, verschiedene Titel und schließlich stieg er zum Leiter des Nachwuchsleistungszentrums auf. Außerdem arbeitet Wolter als Cheftrainer der grün-weißen U23.

Am Rande des HEBC-Besuchs sprachen wir mit dem „Alt-Ottensener“ über den Abstieg in die Regionalliga Nord, Spieler wie Sven Möller und Bastian Nendza und einen 29 Jahre alten Elfmeter.

Thomas Wolter, was hat Sie heute nach Eimsbüttel geführt?
Das ist natürlich der Historie geschuldet, dass meine Verbindungen zu HEBC nie abgebrochen sind. Ich habe immer noch Kontakte zum Verein und die Idee, HEBC zu helfen, entstand im letzten Jahr auf der 100-jährigen Vereinsfeier. Ab da an wurde das Projekt „Werder bewegt lebenslang“ vorangetrieben. Und seit heute ist die Kooperation (Anm. d. Red.: Werder unterstützt Kinderfeste, Dieter Eilts organisiert Fußballcamps, eventuelle Untersützung beim Kunstrasenbau) zwischen Werder Bremen und HEBC nun offiziell.

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Offiziell ist ebenfalls der Abstieg Ihrer U23 aus der Dritten in die Regionalliga. Wie sehr trifft Werder dieser Fall?
Man darf nicht vergessen, dass es lediglich zwei zweite Mannschaften in der Dritten Liga gab, andere Reserveteams hätten sicher gerne unseren Part übernommen. Aber wir wissen nun auch, dass es mit einer reinen U23 umheimlich schwer in der Liga ist, wenn nicht sogar unmöglich. Gerade wenn man sehr schnell Spieler Richtung Profikader verliert, kann das eine U23 in der Dritten Liga nicht auffangen.

Inwieweit beeinflusst der Abstieg aus der Dritten Liga in die Regionalliga die Ausbildung der zahlreichen Werder-Talente?
Ja, so schwer diese Liga für uns war, so sehr haben wir eminent wichtige Erfahrungen sammeln dürfen. An der Ausrichtung wie wir junge Spieler entwickeln, wird sich aber auch in der Regionalliga nichts für uns ändern. Ändern wird sich lediglich, dass wir diese Spiele vor großen Kulissen nicht mehr haben. Das ärgert uns.

Weil?
Weil wir jetzt noch mal in Bielefeld vor 14.000 Zuschauern gespielt haben. Wir haben vor drei Jahren in Düsseldorf vor 51.000 Zuschauern gespielt. Diese Spiele werden uns fehlen. Wir werden nächstes Jahr nur im Norden unterwegs sein.

Warum messen Sie den größeren Bühnen einen so enormen Stellenwert bei?
Weil die Spieler in solchen Spielen merken, was Profifußball sein kann und was das in einem freisetzt. Auch wie man in solche Spiele vom Kopf her reingeht. Das ist für die 20-Jährigen enorm wichtig.

In einem Gespräch mit Otto Addo haben wir gelernt, dass der Tabellenstand im non-professionellen eher zweitrangig ist. Entscheidend sei dagegen die Anzahl der Spieler, die den Sprung in den Profikader schaffen. Stimmen Sie der Aussage zu?
Ich möchte Ottos Aussage gerne etwas relativieren. Wir schauen schon auf die Tabelle. Denn das Eine schließt das Andere ja nicht aus. Klar wollen wir die Jungs auch entwickeln, aber sie sollen sich im Idealfall in den Spitzenbereichen entwickeln, also oben in der Tabelle. Das zeigen ja auch die Resultate bei den A-Junioren: Wolfsburg ist stark, Hannover, die Bundesligisten spielen immer oben mit. Wir sagen den Jungs schon, dass wir kein reiner Ausbildungsverein sind, sondern einen Wettkampf führen. Und dazu gehören Siege und Niederlagen und ein möglichst guter Tabellenstand.

Inwieweit genügen Spieler wie Alessandro Schirosi, Sven Möller oder Bastian Nendza, die bei kleinen Vereinen ausgebildet wurden, den Ansprüchen Werders?
Ich hoffe natürlich, dass wir irgendwo noch den einen oder anderen Quereinsteiger finden. Aber die Jungs, die erst mit 18, 19, 20 den Sprung zu einem Bundesligisten schaffen und sich dann durchsetzen, werden immer weniger. Man muss einfach sagen, dass unsere jetzigen A-Junioren weiter sind als die Jungs aus den Amateurvereinen.

Sicherlich eine Folge der Einführung der Nachwuchsleistungszentren.
Auf jeden Fall. Die Ausbildung ist so gut, dass die anderen, die Quereinsteiger, den Rückstand kaum noch aufholen können. Alles was unsere Spieler von der C-Jugend bis hoch in die U23 an Inhalten aufsaugen ist die Basis für den Beruf Fußballer. Allein was die Jungs körperlich zulegen, taktisch erlernen und über diesen langen Zeitraum auf Wettbewerb in der Spitze vorbereitet werden – da muss ich mich wiederholen, das ist nicht aufzuholen. Wir haben Sprint- und Athletiktrainer, die zeigen den Probespielern oftmals Übungen, die haben die noch nie gemacht.

Ist der Traum am Ende doch oftmals größer als die eigentliche Qualität?
Es ist doch klar, dass sehr, sehr viele Fußballer den Wunsch haben, beim einem Bundesligaklub Fußball spielen zu können. Aber die Jungs, die jetzt auch bei uns in Bremen waren, sind auf dem Boden der Tatsachen gelandet.

Zum Schluss noch zwei Leserfragen: Timo Stark will wissen, wie Sie die Zukunft von Torben Rehfeld, einem Ex-Kieler, sehen?
Wir haben Torben ja vor einem dreiviertel Jahr aus Kiel in unsere U19 geholt und im nächsten Jahr wird er dann zum U23-Kader gehören. Der Sprung zu Werder ist ihm in vielen Bereichen, das muss man einfach sagen, hervorragend gelungen. Er ist Stammspieler und bringt sich toll ein. Erfahrungsgemäß steht mit dem Schritt in den Herrenbereich nun die wichtigste Phase an – das gilt auch für Torben. Prognosen ob er es packt oder nicht kann ich natürlich nicht abgeben. Nur so viel: Spätestens in der U23 trennt sich die Spreu vom Weizen.

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Zum Schluss dann noch diese Frage: Haben Sie jemals einen wichtigeren Elfmeter geschossen beziehungsweise verschossen, als im Pokalfinale 1983 gegen Hummelsbüttel?
Wolter lacht und fragt: Wer hat die Frage gestellt?

Ole Natusch. Kennen Sie sicherlich … nicht.
Ja, tatsächlich. Der Elfmeter verfolgt mich ein Leben lang. Einmal im Jahr treffen wir uns nämlich mit der 83er-Pokalmannschaft, mal in Bremen, mal in Hamburg. Und da ist dieser Elfmeter natürlich immer wieder ein Thema. Alle sagen, „auf unsere Kosten hast du Karriere gemacht.“

Herr Wolter, vielen Dank für das Gespräch und guten Heimweg.

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.