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Marcus Berg: Was werfen Sie sich vor?

Mit Marcus Berg verpflichtete der Hamburger SV 2009 einen der begehrtesten Stürmer Europas. Bis heute hat der Schwede die hohen Erwartungen nie erfüllen können. Folglich gehört der 26-Jährige zu den ganz großen Enttäuschungen der vergangenen Transferperioden. Im Interview mit BLOG-TRIFFT-BALL spricht Berg über die schwere Zeit als Fehleinkauf.

Wir möchten über die vergangenen Jahre Ihrer Karriere reden. Sind Sie bereit?
Ja, aber das ist nicht so einfach. Als ich vor dreieinhalb Jahren nach Hamburg kam, befand ich mich in der besten Phase meine Karriere. Wir sind mit Schweden U23-Europameister geworden und ich habe mit meinen Toren dazu beigetragen. Für mich konnte es nicht besser laufen. Dann habe ich in Hamburg einen Vertrag unterschrieben und mit Bruno Labbadia einen Trainer bekommen, der mich behutsam aufbauen wollte. Wir haben einen Plan für mich entworfen.

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Verraten Sie uns den.
Ich kam in der Vorbereitung einige Wochen später zum Team. Deshalb sollte ich erst einmal mehr trainieren, mich in Ruhe an das Umfeld gewöhnen und nicht mit Zwang in die Startelf gepresst werden. Allerdings verletzte sich Paolo Guerrero schwer, sodass ich früher als geplant zu Einsätzen kam. Und das war wirklich schwer. Ich brauchte einige Spiele, um mich an das Level in der Bundesliga zu gewöhnen.

Bei Ihrem Debüt gegen Borussia Dortmund trafen Sie prompt.
Wenngleich das ja das Tor zum 4:1 war. Aber gut, Tor ist Tor. Aber ich wollte und will auch wichtige Tore schießen. Und das ist mir bisher nicht so gelungen.

Deswegen stellt Ihnen Ihr Arbeitgeber stets kernige Konkurrenten zur Seite: Ruud van Nistelrooy damals. Artjoms Rudnevs heute.
Ja, so ist das. Und als feststand, dass Ruud damals zum HSV kommt, wusste ich, dass mein Platz weg war. Das war schon ärgerlich,.

Und plötzlich landeten Sie über ein Leihgeschäft beim PSV Eindhoven und Fred Rutten.
Was in dem Moment eine gute Lösung war. Allerdings bekam ich gleich in einem der ersten Spiele eine Rote Karte und wurde gesperrt. Ein anderer Stürmer ersetzte mich und hat in fünf Spielen um die zehn Tore geschossen. Somit saß ich erneut nur auf der Bank.

Am Ende der Leihzeit blieb: Sie konnten auch in Holland nicht überzeugen.
Es passte nicht zu hundert Prozent zusammen. Meine Leistungen waren immer ordentlich, aber selten top. Und als Stürmer hätte ich natürlich auch viel mehr Tore schießen müssen.

Wissen Sie eigentlich Ihren aktuellen Marktwert?
Nein, keine Ahnung.

 » Marktentwicklung Marcus Berg.

Laut „transfermarkt.de“ sind Sie von einst 10 Millionen auf mittlerweile 2,5 Millionen Euro gesunken.
Es ist ja so: Wenn du als junger Spieler gut spielst, und das habe ich bei der Europameisterschaft vor vier Jahren, dann schnellen die Preise unglaublich in die Höhe. Dann kostet ein 20-Jähriger schnell mal einige Millionen. Das ist die Welt, in der wir leben.

Sie wollen damit sagen, dass die hohe Ablösesumme kein Problem für Sie war?
Für mich war das nicht problematisch.

Das kann man kaum glauben.
Natürlich habe ich die Diskussionen um das Geld und um meine hohe Ablösesummer immer wieder gehört. Und natürlich schwirrt das auch immer mal wieder im Kopf herum. Aber wenn du auf den Platz gehst, dann bist du ein Teil in der Gruppe und nicht der 10-Millionen-Euro-Mann.

Blicken Sie auf die letzten dreieinhalb Jahre Ihrer Karriere zurück: Wie muss Ihr Fazit bei 52 Spielen und 5 Toren ausfallen?
Das ist natürlich nicht so gut. Ich will immer Tore schießen. Ich weiß auch, dass ich das kann. Darum arbeite ich jeden Tag hart und will so schnell wie möglich meinen Teil zum Erfolg des Vereins beitragen.

Was werfen Sie sich vor?
Jeder Stürmer kennt das doch. Du musst an der richtigen Position stehen, die richtigen Bälle bekommen und das nötige Glück haben. Diesen Flow wieder zu bekommen, dass du blind auf das Tor schießt und der Ball ist drin – da will ich wieder hin und dafür arbeite ich jeden Tag. Im Fußballgeschäft sind oft Kleinigkeiten entscheidend. Wie neulich gegen Frankfurt. Da hält der Torwart Bälle, die hält er am nächsten Tag nicht.

Wenn man die Kurzzeit-Coaches Ricardo Moniz, Rodolfo Cardoso und Frank Arnesen mitzählt, ist Thorsten Fink Ihr 7. Trainer beim HSV. Geht diese Fluktuation auch zu Lasten der Entwicklung?
Ich glaube eher, dass es Spielern hilft. Mit einem neuen Trainer kommen immer neue Ideen. Und du kannst als einer, der vielleicht vorher etwas hinten dran war, blitzartig zum Favoriten werden. Somit lauert hinter einem Trainerwechsel immer eine neue Chance. Wenngleich ich aber auch sage: Wer gut ist, der spielt. So einfach ist das.

Sie spielen nur selten. Entsprechend gering ist Ihr Standing bei den Fans. Wie gehen Sie damit um?
Dass ich dritter oder vierter Stürmer bin, darüber kann ich mich nicht freuen. Das ist doch klar. Aber ich werde älter und weiß inzwischen, dass die Welt in ein paar Wochen wieder ganz anders aussehen kann. Plötzlich ist die Chance da zu spielen, man steht goldrichtig und trifft in einem wichtigen Spiel. Es geht so schnell und du bist wieder voll im Team.

Haben Sie noch nie daran gedacht den Verein zu wechseln und irgendwo einen Neuanfang zu starten?
Natürlich denkt man daran. Aber das ist auch schwer, weil dann wirklich alles passen muss. Auch für meine Familie. Und: Aktuell fühlt es sich beim HSV wirklich gut an. Die Stimmung im Team ist so positiv wie seit Jahren nicht mehr. Alles läuft gut.

Sind Ihre Ansprüche gesunken?
Als ich kam war ich einer der jüngsten, heute gehöre ich fast schon zu den Ältesten. Das könnte ein Grund sein, warum ich mich heute wohler beim HSV fühle.

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Sie kommen nun ins beste Fußballalter. Blicken Sie in die Zukunft. Glauben Sie noch an eine positive Wende beim HSV?
Erst einmal hoffe ich, dass wir in der guten Position bleiben. Ich würde nächstes Jahr gerne mit dem HSV europäisch spielen. Dazu will ich fit bleiben und das aktuell gute Gefühl behalten.

Und nach fast vier Jahren in Hamburg. Wo ist Ihr Lieblingsplatz in der schönsten Stadt der Welt?
Wir wohnen in der Nähe der Außenalster und genießen dort jeden Spaziergang. Im Sommer ist die Alster einfach traumhaft.

Wie groß ist die Chance, Marcus Berg am Ende seiner Karriere in der Oberliga zu sehen?
Mit einem Hamburger Verein wird es nichts. Nach meiner Karriere geht’s zurück nach Schweden zu den Freunden und der Familie.

Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.