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Johannes Wurtz: Lieber 4. als 3. Liga!

Mit zwölf Saisontoren ist Werders Sturmtalent Johannes Wurtz Wolters gefährlichste Werderwaffe. BLOG-TRIFFT-BALL traf den 20-Jährigen zum wunderbaren Interview und löste das Rätsel, warum er lieber vierte als dritte Liga spielt.

Vizeblogger Harry Jurkschat traf den Saarländer Johannes Wurtz im Weserstadion. Das Gespräch dauerte ungefähr 27 Minuten. Harrys Fazit: „Ein guter Junge. Bodenständig, pfiffig, hat Abi gemacht und weiß was er weil.“ Kurzum: Das Gegenteil von Harry …

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Das Interview.

Johannes, vor acht Monaten kamen Sie von Saarbrücken nach Nordeutschland. Wie gefällt’s Ihnen an der Weser?

Mir gefällt es richtig gut. Ich habe mich schnell und gut eingelebt, habe viele neue und nette Leute kennengelernt. Man kann sagen, ich fühle mich wohl in Bremen.

Der Saarländer ist weltoffen und lebensfroh. Erschreckt man, wenn man dann den etwas knorzigen Thomas Schaaf als neuen Chef hat?
Als Fußballer hast du andauernd mit verschiedenen Charakteren zu tun. Daher ist die Umstellung vom einen auf den anderen Trainer nicht allzu groß. Aber du hast recht, der Saarländer ist sehr entspannt und lebt nach dem Motto: Hauptsach gut gess‘.

Wie ist es denn jetzt ohne Muttis Küche?
Es ist schon neu, weil ich bis letzten Sommer noch im Elternhaus lebte. Aber mit 20 Jahren wird es dann auch Zeit auf eigenen Beinen zu stehen. Kochen, putzen und waschen bekomme ich mittlerweile hin. Es ist zwar nicht einfach, aber wie gesagt, es geht.

Warum haben Sie sich statt heimatnaher Vereine wie Nürnberg und Fürth am Ende für Bremen entschieden?
Mein Berater und ich hatten bei einem Winterturnier in Düsseldorf gute Gespräche mit Thomas Schaaf und Klaus Allofs. Mich hat überzeugt, was sie mit mir vorhaben und wie sie sich das vorstellen. Und ich muss sagen, dass ich diese Entfernung auch bewusst wollte, um mich voll auf Fussball zu konzentrieren. Wenn du zwei, drei Stunden von zu Hause entfernt wohnst, dann kommst du schnell in die Versuchung heim zu fahren. Das wollte ich nicht.

Foto: Johannes Wurtz und Harry Jurkschat im Bremer Weserstadion

Die Frage sei erlaubt: Warum geht ein talentierter 19-Jähriger, der in der 3. Liga schon für Aufsehen sorgte, freiwillig einen Schritt zurück in die vierte Liga zu einer zweiten Mannschaft?
Für meine Entwicklung ist es gut, wenn ich mit Besseren trainiere und mich dem Niveau anpassen muss. Wäre ich in Saarbrücken geblieben,wäre ich sicherlich Stammspieler einer Drittligamannschaft und hätte meine Tore gemacht, aber ich bezweifel, dass das für meine Entwicklung fördernd gewesen wäre.

Bei Ihrer Verpflichtung sagte der Verein: Johannes wird behutsam an die Bundesliga herangeführt. Wurde die Abmachung gehalten?
Ja. Ich habe die Vorbereitung bei den Profis mitgemacht und trainiere da größtenteils. Dass ich momentan nicht ganz so dicht ein Einsätzen dran bin, ist schon etwas enttäuschend für mich. Aber  Thomas Schaaf hat mir das erklärt und das Feedback war wichtig. Aktuell sehe ich es eher positiv, dass ich in der zweiten Mannschaft Spielpraxis sammle. So bleibe ich im Rhytmus.

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Also bewerten Sie den Schritt nach Bremen auch heute noch als richtig.
Absolut. Ich habe es gegen Leverkusen und Hoffenheim in den Profikader geschafft. Für einen Einsatz langte es zwar noch nicht, aber immerhin. Zudem habe ich mittlerweile drei Länderspiele für die U20 gemacht. Das wäre sicher nicht der Fall gewesen, wenn ich in Saarbrücken geblieben wäre. Hier ist man schon deutlich mehr im Blickfeld. Aber ich will mehr. Vor allem will ich im Weser-Stadion auflaufen.

Wieviel Zeit geben Sie sich dafür? Junge Spieler sind nicht unbedingt für ihre Geduld bekannt.
Ein genaues Zeitfenster habe ich mir nicht gesetzt. Ich bin ein halbes Jahr hier und warte erst einmal ab, wie sich alles entwickelt.

Als Sie noch jünger waren, waren Sie Verteidiger.
Das stimmt. Aber irgendwann hat der Trainer entdeckt, dass ich torgefährlich bin. Und dann ist man eben Stürmer.

Aber als Verteidiger ist der Weg zum Profi kürzer.
Ja, das denke ich auch. Als Zehner oder Angreifer ist der Druck größer. Man kann nicht nur gut spielen, man muss Tore erzielen und vorbereiten. Dabei hast du als Offensiver in der Regel weniger Ballkontakte. Als Verteidiger hast du ganz andere Optionen, kannst notfalls in Bedrängnis den Ball die Linie runter schlagen, und kaum einer wundert sich.

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Würden Sie noch ein weiteres Jahr Regionalliga Nord spielen?
Wenn ich der Meinung bin, im Bundesliga-Team überhaupt keinen Fuß in die Tür zu setzen, dann muss ich mir schon Gedanken machen. Aber momentan bin ich auf einem guten Weg, das zeigt mir auch das positive Feedback der Trainer.

Und: Was vermissen Sie an Ihrer Heimat?
Zu viert am Abendbrottisch zu sitzen.

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Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.