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Torsten Fröhling: „Ich hatte eine Träne im Auge“

Wenn Torsten Fröhling über den HSV redet, sagt er immer noch „uns“. Dabei ist der 46-Jährige längst Trainer bei 1860 München. BLOG-TRIFFT-BALL sprach mit dem gebürtigen Bützower über Hansa Rostock, seinen merkwürdigen HSV-Abgang und die neue Aufgabe in Bavaria.

 

Herr Fröhling, als gebürtigen Bützower müssen wir Sie fragen: Was fällt Ihnen derzeit zu Hansa Rostock ein?
Mir tut es weh, was da passiert ist. Dass es bis in die Drittklassigkeit ging, ist für jeden Hansa-Fan wirklich sehr bitter. Die ganze Region leidet darunter. Ich hatte aber nie den direkten Draht nach Rostock, obwohl ich gerne dort gespielt hätte. Aber unser Kreis wurde damals nach Magdeburg delegiert, somit kann ich nur meine Enttäuschung als Mecklenburger, nicht aber als Hansa-Involvierter bekunden.

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Hansa suchte nach der Entlassung Marc Faschers einen Trainer. Ging Ihre Bewerbung raus?
Telefoniert habe ich mit Uwe Vester tatsächlich. Aber zu dem Zeitpunkt stand der neue Trainer schon fest und sie wollten nur noch einen guten Co-Trainer, der auch ein guter Torwart-Trainer ist. Das ist aber nicht mein Ding. Letztlich haben sie mit Andi Reinke ja nun einen passenden Mann gefunden. Und er hat aus Güstrow mit seinem Bus einen bequemen Anfahrtsweg.

Trainerstationen Torsten Fröhling:
TSV 1860 München, Hamburger SV U17, VfB Oldenburg, Holstein Kiel II, Holstein Kiel, Altona 93, Eintracht Norderstedt U19

Sie haben, wie viele andere Trainer auch, Ihren Stuhl beim HSV geräumt. Erzählen Sie.
Es war ja nun nicht so, dass ich nicht beim HSV bleiben wollte. Ich hätte unheimlich gerne weiter gemacht. Wir waren ein gutes Team und haben untereinander mit den Trainern gut zusammengearbeitet. Die Jungs haben mir zum Abschied großartige Geschenke gemacht. Da hatte ich schon eine Träne im Auge.

Warum mussten Sie den HSV verlassen?
Ich kann es mir nicht erklären. Aber man hat es seit November gemerkt, weil sie es immer weiter hinaus gezögert haben. Es ging offenbar um betriebliche Umstrukturierungen und wirtschaftliche Sachen. Das war die offizielle Erläuterung und Entscheidung von Herrn Arnesen. Der Nachwuchs dagegen hätte mich gerne behalten und ich war schon traurig. Gerade, weil man dachte, es läuft ganz gut bei uns. Und ich möchte da auch nochmal eine Lanze brechen. Denn mich ärgert diese Außendarstellung, dass wir da schlechte Arbeit im Nachwuchs machen. Allein in den beiden Jahren, in denen ich da war, durfte ich neun Nationalmannschaftsspieler begleiten.

Vier Wochen nach Ihrer bekanntgewordenen Trennung war Herr Arnesen weg.
Ja. Aber jetzt zu mäkeln, was wäre wenn gewesen, ist zu müßig. Ich freue mich nun auf 1860 und bin dankbar, dass es nahtlos weiterging mit dem Job. Du kriegst nämlich schon Angst um deine Existenz. Fußballtrainer zu sein ist mein Hauptberuf und ich habe Verantwortung für eine Familie.

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1860 sucht im Hamburger Nachwuchsbereich einen Trainer. Ist das üblich?
Na ja, ich lernte Nachwuchschef Wolfgang Schellenberg vor Jahren beim St. Pauli-Aufstieg in Nürnberg kennen und wir sind immer in Kontakt geblieben. Als sie nun eine Veränderung in München machen wollten, kamen wir wieder ins Gespräch. Ich hoffte da aber noch, dass ich hier beim HSV bleiben kann und habe es ganz schön hinaus gezögert. Ich habe auch andere interessante Anfragen gehabt. Aber jetzt sage ich mir: München ist eine geile Adresse, wo ich sicher wieder eine Menge lernen kann. Daher freut es mich, dass meine Arbeit anerkannt wird und der Verein sich gemeldet hat. Ich musste nicht einmal meine Vita schicken. Das ist schon eine Ehre.

Und dann sind Sie auf der Autobahn nach München und verlieren Ihren Job erneut.
Genau. Die Herren saßen in München im Gespräch mit Marcus von Ahlen (Anm. d. Red.: bis dahin Trainer der U21), der Co-Trainer der Profis werden sollte. Und dann wurde mir plötzlich mitgeteilt, dass ich nicht Trainer der U19 werde, sondern fragten, ob ich nicht die U21 machen möchte. Ich bin dann also als U19 Trainer nach München gefahren und als U21-Trainer zurückgekommen.

800 km weg von der Familie. Ein Prüfstein?
Natürlich. Wenn du eine Frau, einen elfjährigen Sohn und eine sechsjährige Tochter hast, dazu die Pendlerei – das ist ein Kraftakt. Aber ich werde meine Wohnung hier behalten und die Familie bleibt auch erst einmal im Norden.

Worauf kann sich 1860 freuen?
Das meine Familie weit weg ist und ich den ganzen Tag Zeit habe um zu arbeiten.

Und sonst noch?
Ich bin ein Teamplayer und will eine enge Zusammenarbeit. Dazu werde ich meine Lieblingsbeschäftigung Fußballtennis mitbringen, sodass ich mir – wie beim HSV – noch ein bisschen Fahrgeld verdienen kann. Das war nämlich eines der ersten Dinge, die ich gecheckt habe, ob sie dort Felder für Fußballtennis haben. Und die Jungs in Hamburg sind nun froh, dass ich weg bin. Die sparen jetzt ordentlich.

Ärgern Sie sich eigentlich, dass Sie nicht Drittliga-Trainer geworden sind? Ihr Jung-Löwen scheiterten erst in der Relegation an Elversberg.
Nein.

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Sie sind lieber Viertliga-Trainer?
Ja. Denn sonst bist du viel mehr im Fokus. Und wir sind ja eigentlich dazu da, den Jungs den Wechsel in den Herrenbereich zu erleichtern. Ich habe mich auch lange mit Thomas Wolter darüber unterhalten. Er fand das nicht so positiv mit Bremen in der 3. Liga, weil sie sehr viel verloren haben. Das ist schwer für die Jungs. Du willst sie weiterentwickeln und das geht doch viel besser, wenn sie gewinnen. Ich hätte es genommen wie es kommt und bis sechs Minuten vor Schluss war ich ja auch Drittliga-Trainer. Aber man hat ihnen vor 14500 Zuschauern in der Allianz-Arena schon angemerkt, dass da eine Blockade drin war. Die wollen Profis werden und vor noch mehr Zuschauern spielen, müssen das aber Schritt für Schritt lernen. Diese Schritte machen sich in der Regionalliga besser.

Seit letztem Sonntag sind Sie in München. Gibt es erste pregnante Unterschiede zu Hamburg?
Das, was der HSV mit dem Campus plant, ist dort schon. Zwar nicht so groß, aber auch sehr ordentlich. Und was man jetzt schon sagen kann, ist, dass den Leuten dort Zeit gegeben wird. Weil sie auch unheimlich fachwissend sind. Nachwuchschef Schellenberg hat 2005 schon Spielvorbereitung in PowerPoints gemacht, das wusste ich noch nicht wo der PC angeht. Seitdem oder sogar noch länger ist er bei 1860. Beim HSV hatte ich Schröder, Reinhardt und Meier in kürzester Zeit. Das sagt schon viel.

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Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.