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Thomas Seeliger: Jetzt wollen wir aufsteigen

Mit einem Sieg gegen Brinkum (19.30 Uhr in Drochtersen) kann Eintracht Norderstedt das Tor zur Regionalliga Nord meilenweit aufstoßen. BLOG-TRIFFT-BALL sprach wenige Stunden vor dem entschiedenen Aufstiegsspiel der Eintracht mit Trainer Thomas Seeliger (46) über die Euphorie rund um den Verein, die neue Drucksituation, die qualitative Aufwertung des Kaders für die Regionalliga Nord und über die finanzielle (Un)vernunft.

Herr Seeliger. Eintracht Norderstedt ist mit einem überraschenden Sieg in die Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord gestartet. Wie hat sich das auf die Stimmung im Verein ausgewirkt?
Die Stimmung im Verein ist positiv aber auch angespannt. Der Sieg gegen Lupo Martini war ein wichtiger Schritt. Aber es wird nun für uns nicht leichter, denn jetzt wollen wir auch den Aufstieg schaffen.

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War die kurzfristige Teilnahme an der Aufstiegsrunde eher ein Plus für Eintracht Norderstedt? Schließlich war Ihr Team vor dem ersten Spiel der große Unbekannte?
Wir haben uns nie und sehen uns immer noch nicht in der Favoritenrolle. Wir wussten nicht, wo wir stehen, haben aber an unsere Stärken geglaubt. Jede Mannschaft, die an der Aufstiegsrunde zur Regionalliga teilnimmt, hat eine gewisse Qualität. Wir hatten nicht viel Zeit uns überhaupt Gedanken zu machen, was uns in der Aufstiegsrunde erwartet.

 

Wen halten Sie in der Aufstiegsrunde für den Favoriten?
In dieser Runde kann jeder jeden schlagen. Es kommt auf fehlerfreies Arbeiten im Spiel und auf die Tagesform an. Lupo Martini hat immer noch eine Chance. Eichede spielt auch eine gute Rolle und Brinkum ist auch nicht zu unterschätzen. Vor Beginn hätte ich auf Lupo Martini und Eichede getippt, jetzt sind natürlich Ergebnisse zustande gekommen, die uns in die Favoritenrolle drängen. Wir haben einen großen Schritt gemacht, heute müssen wir die Chance vergolden.

Wie gehen Sie mit der neuen Situation um? Steigen die Erwartungen?
Ich mache keinen Hehl daraus, dass man bei einem Auftaktsieg bei drei Spielen natürlich hofft, den nächsten Schritt gehen zu können. Wir machen uns jetzt selber den Druck. Wir haben am Limit gegen Wolfsburg gespielt und müssen auch gegen Brinkum am Limit spielen. Als ehemaliger Spieler weiß ich, dass man schnell leichtsinnig werden kann. Wenn man die Leistung und das eigene Potenzial nicht abruft, dann kann es schnell dafür die Quittung geben. Darauf habe ich auch gestern die Mannschaft im Training hingewiesen und werde heute in meiner Ansprache das erneut besprechen. Aber ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft das verinnerlicht hat.

Also ist es eine Frage der mentalen Stärke, sozusagen reine Kopfsache?
Absolut! Aber es ist ein positiver Druck. Ich möchte mir nicht die Situation vorstellen – aber ich kann sie mir gut vorstellen – hätten wir das erste Spiel verloren. Dann hätten wir heute einen noch höheren Druck. Natürlich müssen wir auch heute gewinnen. Denn eins ist doch klar: Jetzt wollen wir auch aufsteigen.

Was würde der Aufstieg in die Regionalliga Nord für den Verein und Sie bedeuten?
Der Verein hat die Infrastruktur und Voraussetzungen Regionalligafußball anzubieten. Für die Spieler wäre die Regionalliga Nord eine große sportliche Herausforderung. Für mich als Trainer wäre der Aufstieg natürlich ein großer Erfolg aber auch eine neue Herausforderung mit Eintracht Norderstedt die Regionalliga Nord zu halten.

In dieser Saison mussten mit dem Lübeck und Oberneuland zwei Vereine während der Saison einen Insolvenzantrag stellen? Insbesondere der Fall Oberneuland grenzte schon fast an Wettbewerbsverzerrung. Welche Gefahren birgt die Regionalliga Nord?
Als Verband kann man sich nur schwer davor schützen. Man kann die Vereine nur ermahnen, nicht mehr Geld auszugeben, als eingenommen wird. Auf Norderstedt bezogen kann man sagen, dass wir keine großen Sprünge machen werden und solide arbeiten, sodass wir niemals in diese Situation kommen. Wir sind Amateure und bleiben Amateure. Die Regionalliga ist schon finanziell aufwendiger, dass muss schon vernünftig kalkuliert werden.

800 Zuschauer verfolgten die Partie gegen Wolfsburg in Ihrem Heimstadion. Rechnen Sie mit einem regen Zuschauer-Zulauf bei einem Aufstieg?
Ich weiß nicht, wie der Verein im Falle des Aufstiegs kalkuliert. Aber ich glaube sehr vorsichtig. Weil es natürlich auch Gegner geben wird, die kaum Zuschauer mitbringen. Aber natürlich wird es auch Derbys geben. Ich glaube schon, dass mehr Zuschauer kommen werden. Jedoch kann ich mir nicht vorstellen, dass wir einen Schnitt von 800 Zuschauern erreichen.

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Falls es am Ende reicht und Eintracht Norderstedt den Aufstieg schaffte, muss dann die Qualität und Quantität im Kader erhöht werden? Wie viel Umbruch bedarf es, um in der Regionalliga Nord konkurrenzfähig zu sein?
Im Falle des Aufstieges muss natürlich was gemacht werden. Dann muss der eine oder andere Spieler mit höherer Qualität hinzugeholt werden. Aber das Gerüst der Mannschaft steht. Wir müssen gezielt nach dem einen oder andern Spieler Ausschau halten. Das steht außer Frage. Jeder Aufstieg bedeutet eine höhere Qualität. Jeder Spieler, der auch jetzt schon für die neue Saison geplant ist, muss sich in einer höheren Liga strecken.

Fokussiert sich die Suche nach Spielern auf den Hamburger oder den norddeutschen Raum?
Es wird in alle Richtungen gedacht. Wir gucken natürlich auch im Hamburger Raum. Es gibt ja auch oftmals Spieler, die nach Hamburg ziehen und vorher höherklassig gespielt haben. Wir werden nur Neuverpflichtungen tätigen, die für uns finanzierbar sind. Norderstedt wird ja gerne als Verein angesehen, der die Kohle nur so rauskracht. So ist es nicht. Wir arbeiten solide, wir arbeiten mit überschaubaren Verträgen. Deshalb werden wir nie einen Regionalligaspieler aus dem westdeutschen Raum nach Norderstedt lotsen können. In Norderstedt wird man nicht vom Fußball alleine leben können.

Wie verhält sich die Kaderplanung bei einem Verbleib in der Oberliga?
Was die Oberliga angeht, sind wir gut aufgestellt. Wir planen nicht mit der Regionalliga, wir planen für der Oberliga.Wir haben mit den Spielern, die wir schon verpflichtet haben – so wie Marin Mandic – unabhängig der Liga Verträge. Im Fall des Aufstiegs müssen wir natürlich etwas machen. Aber nicht im großen Rahmen.

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Foto: Olaf Damm
Matthias Friede

Schon in jungen Jahren musste Matthias Friede erkennen, dass ihn der Fußballgott nicht mit ausreichend Talent gesegnet hat. Trotz seines überharten Einsatzes spielte sich seine Fußballkarriere auf Kreisebene ab. Statt in der glamourösen Welt des Fußballs für Skandale zu sorgen, drückte er im Studium der Geschichts- und Politikwissenschaft die harte, hölzerne Bank auf der Universitätstribüne. Trotz oder gerade wegen dieser Ungerechtigkeit des Fußballgottes beschäftigt er sich leidenschaftlich theoretisch mit dem runden Leder.