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Thorsten Gutzeit: „Es passt nicht mehr“

Lange sollten die Feierlichkeiten beim frisch gebackenen Drittligaaufsteiger Holstein Kiel nicht andauern. Nur wenige Stunden nach dem Erreichen des großen Ziels wünschte Thorsten Gutzeit eine Vertragsauflösung. „Nun haben wir eine richtig große Baustelle“, analysierte Andreas Bornemann punktgenau. BLOG-TRIFFT-BALL war beim letzten großen Gutzeit-Auftritt im Storchen-Nest dabei und erlebte den Abschlusstag vom Aufstiegstrainer so:

 

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Es war Dienstag kurz vor 10 Uhr als Thorsten Gutzeit seine Spieler die überraschende Botschaft übermittelte. Wie genau er das tat, vermutlich aber per SmS, wollte er in der anschließenden Pressekonferenz kurz nach 10 Uhr nicht mitteilen.

Wie die vermutlich schwer überraschten Spieler, staunten auch wenige Minuten später die rund zehn Pressevertreter in der Kieler Geschäftsstelle am Steenbeker Weg 150. Der erfolgreiche Cheftrainer erklärte rund 40 Stunden nach der riesigen Sause in Kassel seinen Rücktritt. Rummmms!

„Die Entscheidung ist nicht Sonntag beim vorletzten Bier gefällt worden“, augenzwinkerte Gutzeit zumindest einen kurzen Moment während der knapp einstündigen Erklärung. Ansonsten wirkte der stets bodenständige Kieler, saß mit einem hellblauen Hemd zwischen Andreas Bornemann und Medien-Koordinator Patrick Nawe, wie ein Entlassener, der die Entscheidung des Vereins nicht akzeptieren wollte. Doch die hiesige Situation war eine andere.

Nach drei Jahren und dem Erreichen der Dritten Liga gibt der ehemalige Versicherungsmakler auf. Ganz plötzlich, ohne erkennbare Anzeichen.

Als Grund während der mitunter feinfühligen Pressekonferenz kristallisierte sich die mögliche Doppelbelastung in der kommenden Spielzeit heraus. Denn mit Beginn der Ausbildung zum Fußballlehrer wäre Gutzeit zehn Monate lang erst am Donnerstag zum Team dazugestoßen. Dazu die immense Belastung der 3. Liga. Offenbar viel zu viel für einen Gehirnmenschen wie Gutzeit.

Er sagt: „In den drei Jahren als Trainer bei Holstein Kiel habe ich gemerkt, dass die Belastung als Trainer umheimlich hoch ist. Und der Aufwand in den kommenden Monate wäre nicht weniger geworden“, so der 47-Jährige. „Und man muss wissen, wann man auf die Bremsen treten muss. Ich glaube, jetzt ist für mich der Zeitpunkt. Es passt einfach nicht mehr.“

Sichtlich getroffen vom Entschluss des Kollegen gestand auch Andreas Bornemann, dass der Zeitpunkt einer Überraschung gleich kam. „Wir müssen das alle erstmal sacken lassen.“ Folglich verzichtete der ehemalige Manager des SC Freiburg („Habe mit Volker Finke mal eine ähnliche Situation erlebt“) auch auf eine mögliche Profilbeschreibung des künftigen Trainers. Stattdessen versorgte Bornemann dem bestehenden Stab mit neuen Aufgaben.

„Aufgrund der Tatsache, dass Gutzeits Teilnahme an dem Fußballlehrer-Lehrgang in Hennef schon länger im Raum stand und er nicht mehr im vollen Umfang für die neue Saison zur Verfügung gestanden hätte, haben wir die Aufgabenbereiche bereits frühzeitig auf das bestehende Trainerteam Jan Sandmann, Carsten Wehlmann und Timm Sörensen sowie auf Fabian Müller, den Leiter unseres Nachwuchs-Leistungszentrums, verteilt. Dennoch wollen wir natürlich die Cheftrainer-Frage so schnell wie möglich und mit der gebotenen Sorgfalt klären.““

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Einen erleichterten Eindruck ob der nun gefällten Entscheidung machte der phasenweise sehr gerührte Thorsten Gutzeit an diesem Morgen jedoch nicht. Zu sehr schienen ihn die letzten Stunden rund um die Auflösung und das Ende beschäftigt zu haben. Verständlich.

Bleibt festzuhalten: Der Trainer, dessen Vertrag erst Anfang April bis 2015 verlängert wurde, hat im Laufe seines dreijährigen Cheftrainerdaseins das erreicht, was das Kieler Fußballgroßprojekt erreichen sollte. Profifußball. Dass er ausgerechnet jetzt nicht mit auf die bundesweite Fußballbühne steigen möchte, ist einerseits unerklärlich, andererseits ein mutiger und bewundernswerter Schritt. Denn der gebürtige Kieler wird seine Stärke wie auch seine Schwächen bestens kennen und fein säuberlich sortiert haben. Nun zog er den Doppelstrich und kam schlichtweg zu der Entscheidung: Es geht nicht mehr. Und schon gar nicht in Liga 3. Schade. Aber es war eine gute Zeit …

» Die Pressemitteilung des Klubs.

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.