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Das BTB-Zwiegespräch zum Drittliga-Auftakt

Wo landet Aufsteiger Kiel? Was wird aus Traditionsklub Rostock? Wer steigt auf und wer steigt ab? Hilbrecht und der ehemalige Lübeck-Manager Franke diskutieren die wichtigsten Fragen zur kommenden Saison.

Holstein Kiel? Gesichertes Mittelfeld oder  doch Abstiegskampf?

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Franke: Holstein Kiel hat sich sehr  gut in der Breite verstärkt. Da kann man bis Position 18 wirklich jeden in die Mannschaft schmeißen, ohne die Truppe groß qualitativ zu schwächen. Dafür fehlt den Kielern die große individuelle Klasse. Trotzdem: Die Mannschaft ist eingespielt und wird auch weiterhin im Kollektiv funktionieren. Deshalb denke ich, dass die „Störche“ souverän in die Saison starten werden. Der Abstiegskampf sollte wie gesagt kein Thema sein. Einen Tabellenplatz zwischen Position 8-12 halte ich für durchaus realistisch.

Hilbrecht: Ganz so positiv sehe ich es nicht. Dennoch, in einer Sache bin ich ganz bei dir: Es sollte schon mit dem Teufel zugehen, wenn Kiel den Ligaverbleib nicht packt. Ich sehe in der Mannschaft durchaus Potenzial, denn sie haben mit Schied, Danneberg und Kazior einige Akteure, die sich bereits in der dritten Liga profiliert haben. Die 3. Liga ist jedoch ein raues Pflaster, viele Stammkräfte werden sich erst einmal neu zu Recht finden müssen. Deshalb sehe ich die Kieler eher zwischen Platz 11 und 14. Gegen die Schwergewichte wird es zudem sehr schwer werden zu punkten, da einfach die individuelle Klasse nur in der Spitze vorhanden ist.

Franke:  Naja, ich traue den Kielern schon die eine oder andere Überraschung zu. Gerade zu Hause mit dem großartigen Anhang im Rücken werden sie den ein oder anderen stärkeren Gegner schlagen, beziehungsweise ärgern können. Unterm Strich sind wir uns ja einig: Kiel wird sicher drittklassig bleiben.

Hansa Rostock – ein verkapptes Überraschungsteam?

Hilbrecht: Ich muss sagen: Ich bin sehr optimistisch. Allerdings muss ich auch ehrlicherweise zugeben – ich war es auch vor der letzten Saison. Die Mannschaft gefällt mir  bis auf zwei Ausnahmen ausgesprochen gut. Hansa ist sowohl auf den Außenverteidigerpositionen, als auch im zentralen Mittelfeld spitzenmäßig besetzt. Es wurde eine Mannschaft zusammengestellt, die Fußball spielen will und dies auch kann. Auch im Sturm sind wir vielseitig besetzt – Mustafa Kucukovic kann wenn er den Trainingsrückstand aufgeholt hat ein ganz wichtiger Akteur werden. Plat und Savran sind auf unterschiedlicher Art und Weise gute Ergänzungen. Auch der neue Grieche wird ein interessanter neuer Mann sein.

Franke: Da gebe ich dir Recht. Die Mannschaft ist jung und hat Potenzial. Pekovic und Haas sind wirklich zwei Hausnummern für die dritte Liga, auch ein Radjabili-Fardi ist ein toller Junge. Dennoch, bei Rostock steht vieles im Unklaren. Nach dem jetzigen Stand sehe ich sie im Bereich zwischen Platz 10 und 14. Ich traue Andreas Bergmann jedoch zu, die Mannschaft auch in höhere Gefilde zu führen. Zudem ist die Rolle von Kucukovic wirklich sehr wichtig. Schlägt er ein, dann ist Hansa sicherlich auch eine größere Nummer. Der Junge kann in Topform locker 20 Dinger machen. Du sprachst zwei Ausnahmen an. Welche sind das konkret?

Hilbrecht: Wir müssen uns nichts vormachen. Im Tor und in der Innenverteidigung klaffen große Löcher. Weder Hahnel noch Brinkies sind derzeitig auf einen hohem Level. Brinkies bringt unwahrscheinlich viel Talent mit, Hahnel die Erfahrung. Trotzdem, an Kevin Müller, der weiterhin von vielen Fans unterschätzt wird, kommen beide nicht heran. In der Abwehr fehlt für Steven Ruprecht ein passender Partner. Pelzer ist letztendlich eine Notlösung, Grupe hat noch sehr viel Luft nach oben.

Franke: Butter bei die Fische: Wo siehst du den FC Hansa?

Hilbrecht: Ich bin mir sicher, dass es ein einstelliger Rang wird. Die Qualität ist ohne  Frage da. Auf der Torhüterposition wird nichts mehr geändert werden, ich würde Brinkies auch einfach die Chance zur Entwicklung geben. Kommt in der Abwehr noch Kaliber, dann sehe ich den Relegationsplatz absolut in Reichweite. Auch wenn es ein großes Risiko wäre: Ich würde Pannewitz holen. Klar ein komplizierter Spieler, aber einer sich auf dem Feld immer vorbildlich gezeigt hat. Ein toller Fußballer, der in der Innenverteidigung super aufgehoben wäre. Er ist nicht langsamer als „Pelle“ Pelzer, dafür aber kopfballstärker und deutlich präsenter in der Spieleröffnung. Auch in Sachen  Spielintelligenz und im Zweikampf sehe ich keine Nachteile. Zudem ist Kapitän Pelzer so charakterstark, das er sich auch im zweiten Glied  zum Wohle der Mannschaft einbringen wird. Ein Upgrade für die Abwehr und alle bleiben weitestgehend fit- dann haben wir realistische Chancen. Ansonsten bleibt ja noch  der Bielefelder Weg. Ein solides Jahr, sich zur kommenden Saison punktuell verstärken und dann oben angreifen. Da es auf das Letztere hinauslaufen wird: Platz 6-8

Franke: Wie immer sehr  kurz gefasst Herr Hilbrecht. Respekt! Die Pannewitz-Diskussion führen wir aber bitte, bitte später.

Wer steigt auf, wer ab?

Hilbrecht: RB Leipzig jedenfalls  nicht. Die Mannschaft ist qualitativ hochwertig bestückt, aber noch lange nicht reif für den Aufstieg. „Der größte Feind der Qualität ist die Eile“, dieses simple Zitat stammte schon von Henry Ford und verdeutlicht, was in den letzten Jahren das große Leipziger Problem war. Drei Jahre in der Regionalliga war für den Brauseklub ein Jahr zuviel. Ich glaube die Leipziger schielen bewusst aufs nächste Jahr und bauen langfristig etwas auf. Außerdem ist die dritte Liga zu stark für einen Durchmarsch. Deshalb sind meine  Top-Favoriten: Heidenheim und Münster. Anschließend folgt ein erlesener Kreis aus Chemnitz, Wiesbaden, Leipzig  und vielleicht Rostock. Überraschungen nicht ausgeschlossen.

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Franke: Bei Leipzig sehe ich es ähnlich. Auch deine Top-Kandidaten teile ich. Chemnitz sehe ich jedoch nahezu gleichwertig. Ich glaube, es wird sich eine kleine Gruppe früh absetzen, dahinter ein geballtes Mittelfeld. Bei Osnabrück, die einen großen Aderlass verschmerzen müssen und  Duisburg muss man denke ich abwarten.  Zu den Absteigern: Elversberg ist natürlich der glasklare Abstiegsanwärter Nummer 1, dann folgen schon die üblichen Verdächtigen wie Burghausen oder die Stuttgarter Kickers. Auch Erfurt sehe ich schwer in der Bredoullie, ebenso  Jahn  Regensburg, die Mannschaft muss sich nach den großen Umbruch erst einmal finden. Außerdem auf meiner Absteiger-Liste: Die Dortmunder Amateure.

Hilbrecht: Bis auf Dortmund gehe ich weitestgehend daccord. Ich würde die Liste allerdings noch, jetzt kommt es, um Duisburg erweitern. Der MSV ist für mich sehr gefährdet. Die Mannschaft wurde in einem ad-hoc Verfahren zusammengestellt. Durchaus interessante Spieler wurden gehalten oder verpflichtet, doch das große Aber: Eine wirklich strategische Zusammensetzung konnte ich nicht erkennen. Das birgt die Gefahr, dass die Mannschaft viellicht nicht homogen genug ist. Gerade mit dem Druck in Duisburg eine Kombination, die eine negative Eigendynamik katalysieren kann. Ich hoffe die Zebras finden sich schnell als Mannschaft. Ich würde es diesem Traditionsklub sehr gönnen.

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Foto: calcioculinaria.de
Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.