Top

BTB-Weltreise #2: Totenköpfe im Big-Apple

Der FC St. Pauli ist ja irgendwie überall. Da wundert es wenig, dass der Kiezklub auch im fernen New York seine Residenz hat. BLOG-TRIFFT-BALL stellt euch einen East-River-Piraten vor. Um die alte Udo Jürgens Klamotte zu vermeiden, hauen wir in die Weltreisen-Jukebox einfach diesen patriotischen Klassiker: Und alle: Born in the…..

 

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Brooklyn, im Süd-Osten des großen Apfels gelegen, ist der größte Stadtteil New Yorks. Weit über 2,5 Millionen Einwohner zählt dieser Ballungsraum, der fast zu gleichen Teilen Weiße, Schwarze und die sogenannten Hispanics beherbergt. Kaum ein anderer Stadtteil in der Hudson-Metropole verdient in dem Maße das Prädikat „Multikulti“. Kein Wunder, dass in diesem Stadtteil der FC. St. Pauli eine feste Fangruppe besitzt. Welches Gebiet wäre schließlich prädestinierter für den farbenfrohen Kiez-Klub als ein von vielen Ethnien geprägtes Stadtviertel.

» BTB-Weltreise #1: Mit Hansa ans Ende der Welt

Ihr Stammlokal, die „East River Bar“, liegt direkt an der landesweit bekannten Williamsburg-Bridge. Hier erreicht BLOG-TRIFFT-BALL den amerikanischen Lehrer David Barkhymer. Der 41-Jährige, der sich selbst als großen Fußballfan bezeichnet, entdeckte seine Passion für den Hamburger Totenkopfklub bei seiner ersten Deutschlandreise, wie er nicht ohne Stolz berichtet: „Ich habe im Jahr 2002 einen alten Freund in Hamburg besucht. Wir haben uns das Spiel St. Pauli gegen Chemnitz angesehen. Die leidenschaftliche Unterstützung hat mich sofort mit dem FC St. Pauli identifiziert“ und ergänzt „ich kannte ja aus meiner Heimat nur die sterile und hochkommerzialisierte Sportwelt“. Die und das nur am Rande, die rebellische Marke des Piraten-Images für ihre als Unternehmen fungierenden Franchises nutzen, seien es die Footballer von den Oakland Raiders (Räuber) und Tampa Bay Buccaneers (Freibäuter) oder die Baseballer von den Pittsburgh Pirates. Groteske auf Amerikanisch.

Besonders faszinierend war für Barkhymer auch die Entwicklung, die sein deutscher Herzensverein in der Folgezeit nahm. Auf seiner zweiten Reise in die Elbmetropole faszinierte ihn vor allem die Entwicklung des Millerntor Stadions, wie ein auf Anhieb sympathischer Barkhymer verrät: „Es war interessant die Transformation vom früheren Stadion mit den alten, aber liebenswürdigen Tribünen zum großen Stadion mitanzusehen. Die Aura hat die Arena dabei nicht verloren“. Vor allem aber waren es die Pauli-Fans, die seine bisherigen Eindrücke erneut bestätigten, wie Barkhymer fast schon euphorisch erzählt: „Ich habe viele Kontakte knüpfen können. Die Fans haben mich sehr freundlich aufgenommen und ich hatte schnell das Gefühl, ein Bestandteil dieser Gemeinschaft zu sein.“ Eine Kameradschaft, in der es „keine Rolle  spielt , wer man ist“ wird der New Yorker später hinzufügen, der den FC St. Pauli auch bei Auswärtsfahrten nach Mainz und Berlin begleitete.

IMG_7450

Mit dem Wiederaufstieg in die Bundesliga, der den Hamburgern zur Saison 2010/11 gelang, rückte auch die New Yorker Bastion des Kiez-Klubs in den medialen Fokus. Der „NDR Sportclub“, das ZDF und die Tagesschau drehten Kurz-Reportagen am East River, das „Hamburger Abendblatt“ und „Die Welt“ beleuchteten den Spieltags-Ablauf bei dem im Jahr 2008 gegründeten Fan-Klub.

Dabei werden die Spiele der Kiez-Kicker nur selten live gesehen, wie Barkhymer gesteht: „Wir nehmen die Partien meistens auf und gucken die Spiele zeitversetzt. Der einfache Grund dafür ist die Zeitverschiebung von sechs Stunden“ und fügt mit einem lauten Lacher hinzu: „Außerdem können wir die Pause länger gestalten. Für uns Raucher ist das nicht unerheblich.“

Dabei schwankt der Andrang in der Piraten-Spelunke von Woche zu Woche. Auf einer „intimen Veranstaltung mit wenigen Besuchern“ kann in der darauffolgenden Woche ein großer Partyabend mit einer großen „Crowd“ folgen. Eine feste Mitgliedschaft gibt es bei den ERP übrigens nicht. Den einfachen, wie auch naheliegenden Grund nennt Barkhymer ohne Ausschweifer: „Jeder, der sich für den FC St. Pauli oder für den Fußball begeistert, kann zu uns kommen. Das ist doch auch das Lebensgefühl, was diesen Fußballverein ausmacht“. Ein Lebensgefühl, welches die Piraten vom East-River auch mit Hamburger Folklore unter Beweis stellen. Neben der Stadionhymne „You`ll never walk alone“ gehört Hans Albers Klassiker „Auf der Reeperhahn nachts Um halb Eins“ zu den meistgegrölten Songs im urigen Schankhaus.

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Doch steht der Spaß nicht allein im Vordergrund. „Wir engagieren uns für „Viva con Aqua“, einem Projekt, welches für sauberes Trinkwasser in Krisenländern kämpft. Wir sammeln auf einer jährlichen Benefizveranstaltung Geld für die Krisenländer, erfreulicherweise erhöhen sich die Spendenbeträge von Jahr zu Jahr.“ Genau Zahlen will Barkhymer nicht nennen, im mehrstelligen Tausend-Dollar Bereich liegen sie aber mit Sicherheit. Wie BTB erfuhr, auch aufgrund vermögender Unterstützer, die zum Beispiel Schiffs-Reisen nach Hamburg samt Spielbesuch am Millerntor zur Verlosung oder zu Ersteigerung anbieten. Die Erträge fließen in den Spenden-Pool.

Dabei sind die East River Pirates nur ein Auszug aus einer stetig lebendiger werdenden Fußballkultur im urbanen New York. Fanklubs von europäischen Spitzenklubs gedeihen in den unzähligen Pubs, besonders Celtic Glasgow steht hoch im Kurs. Was in Anbetracht der ausgeprägten irischen Subkultur an der amerikanischen Ostküste wenig überrascht. Sogar der HSV hat eine New Yorker Korrespondenz. Fußballspiele, besonders die aus Deutschland und England, kann man sich in speziellen Bars zum Frühstück anschauen. Natürlich mit Bier, wie Pauli-Fan Barkhymer verbalisiert.

Aber „Bier“ ist auch ein Stichwort, dass den sonst so optimistischen Lehrer ein wenig das Lächeln aus dem Gesicht treibt. So schließt sich an seine Erklärung der Getränkegegebenheiten in der East River Bar „die Getränke sind speziell und günstig und es gäbe auch gutes regionales Bier“ zum Abschluss eine vehemente Bitte an eine nicht unbekannte Hamburger Brauerei: „If ANYONE from Astra is reading this: please send Astra! We’d like to be the first place in the USA to offer Astra and FCSP“.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.