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Harry mit 15 Fragen an Marcel Gebers

22.47 Uhr bin ich, Harry Jurkschat, mit Kiels Marcel Gebers verabredet. Ich muss ja spät am Abend trainieren. Und der Kiel-Star so darauf: „Sag mal, trainiert ihr immer so spät?“ Ja, die in Rugenbergen sind eben keine Vormittagsangestellten. Naja, worauf wir hinaus wollten: Gebers schafft es beim ersten Interview ins BTB-Guiness-Buch, denn nie machten wir wohl so spät ein so wichtiges Interview. Und das vor dem Hammermatch gegen Wehen-Wiesbaden.

 

Marcel, wurde in den letzten zwei Wochen genauso viel im Training gelacht wie nach den Supersiegen gegen Saarbrücken oder dem 3:0 in Münster?
Natürlich. Klar.

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Tatsächlich?
Ja wirklich. Natürlich ist das ärgerlich, wenn man zwei Mal in Folge verliert, gar keine Frage. Aber man hat eben auch gesehen, dass wir gegen die Mannschaften gut mitgehalten haben. Gegen Leipzig war es durch den Handelfmeter und den Platzverweis ziemlich fies, gegen Erfurt können wir 8:2 gewinnen, machen aber innerhalb von fünf Minuten zwei blöde Fehler und vergeigen so ein Spiel. Und außerdem hatten die an dem Tag einen Keeper, ohne den es wahrscheinlich ein hoher Sieg für uns geworden wäre. Aber wissen inzwischen, dass wir alle in der Liga ärgern können.

Also beeinflussen die letzten Niederlagen die Trainingswoche in keinster Weise?
Also bei mir ist es so. Ich freue mich Montag schon wieder auf das nächste Spiel und finde es super, dass wir nun sogar Freitagabend spielen und nicht bis Samstag warten müssen, um die letzten Ergebnisse wieder gut zu machen.

Wie stark haben die Auftritte gegen Leipzig und Erfurt dennoch auf die Euphorie-Bremse gedrückt?
Vielleicht war das ja mal ganz gut. Stell‘ Dir mal vor, wir holen aus den Spielen vier oder sechs Punkte, dann wäre die Euphorie noch größer gewesen und unsere geilen Fans wären vielleicht etwas übermütig geworden. Wir sind Aufsteiger, wollen uns etablieren, Spaß haben und die Liga halten, das ist und bleibt das Ziel. Und natürlich wollen wir nach dem guten Start und nun zwei Niederlagen auch schleunigst wieder punkten.

Wir in Rugenbergen haben in der Oberliga Hamburg auch schon zwei Mal am Stück verloren. Bei uns wird dann gerne mal ein Mannschaftsabend angesetzt. Mit Stripperinnen, Dollhouse und allem Pipapo. Wie ist das bei Euch?
Nicht so. 

Herthas Luhukay verhängte seinen Spielern unlängst unter der Woche Ausgehverbot nach 23 Uhr. Nun stelle sich mal einer vor, der Luhukay wäre Trainer in Kiel, bei dem weltbekannten Nachtleben.
Na ja, also wir haben schon auch Zeiten, die wir zwei Tage vor dem Spiel zu Hause sein sollen. Das ist eben auch die optimale Vorbereitung. Ich finde das sinnvoll. Und zwar die ganze Woche. Ich achte auf’s Essen, dass ich genug trinke, gehe in die Sauna und lasse mich regelmäßig behandeln. Das merkst du im Training und dann bist du auch am Wochenende topfit.

Da werde ich mir mal Gedanken drüber machen. Also vielleicht. Ähm, welchen Führungs-Stil pflegt Trainer Karsten Neitzel?
Von allem etwas. Er ist richtig zielstrebig, gibt exzellente Anweisungen und wir setzen das wirklich so um, wie es unser Chef haben will.

 

Was anderes: Auch bei Dir läuft’s nicht mehr. Kingsley Onuegbu entfernt sich immer weiter in der Torschützenliste.
Aber ich hätte alleine gegen Erfurt wieder vorbeiziehen können, weil ich da wohl einen Dreierpack hätte machen können. Das hat nicht geklappt, aber es ist auch völlig egal und interessiert mich nicht. Natürlich war das ein tolles Gefühl sich da oben in der Liste zu sehen und das zu lesen, aber mir ist’s ehrlich gesagt, und das habe ich nicht auswendig gelernt, echt wichtiger, dass wir als Team Erfolg haben.

Laufen eigentlich interne Wetten?
Nein, gar nicht. Bisher kam nicht einer auf mich zu und hat etwas angeboten.

Hauke Wahl ist für viele überraschenderweise dein Positionsnachbar. Hattest Du den Burschen vor der Saison auf dem Zettel?
Das ist so eine Sache. Es war ja nun auch nicht klar, dass ich überhaupt spiele, da wir ja mehrere Innenverteidiger haben. In der Vorbereitung musste ich selber Gas geben. Aber man hat gesehen, dass Hauke eine gute Vorbereitung gespielt hat. Und er macht das bis jetzt überragend und das passt mit uns. Ich weiß zwar nicht, wie der Trainer gegen Wehen aufstellt, aber ich glaube schon, dass wir unsere Sache momentan ganz ordentlich machen.

Es ist nicht üblich, dass im Defensivzentrum junge Spieler das Vertrauen kriegen. Ich finde es sogar recht mutig als Aufsteiger mit einem 19-Jährigen zu verteidigen.
Klar ist das mutig, aber wenn er seine Sache gut macht und gute Leistungen bringt, dann kann man ihn doch auch nicht runter nehmen. Er macht das eben echt gut. Der Junge hat eine richtig gute Einstellung, gibt gute Anweisungen und wir harmonieren.

Hast Du seinen Gesichtsausdruck gesehen, als er seinen Namen in Rostock plötzloch an der Startelf-Tafel sah?
Darauf habe ich nun nicht geachtet. Aber ich gehe schon davon aus, dass er sich gefreut hat wie’n Schnitzel, keine Frage. Das war für ihn schon eine große Sache vor 15.000 Zuschauern in Rostock zu kicken. Und er hat das dann echt genossen und gut gespielt.

Schnitt. Am Wochenende geht’s zum Tabellennachbarn Wehen-Wiesbaden. Ist Kiel aber auch wirklich schon ein Nachbar? Also rein qualitativ.
Wer 19 Punkte hat, wird so schlecht nicht sein. Und die Punkte holst du auch nicht mal einfach so. Aber wir nehmen den Kampf morgen auf und werden versuchen mindestens einen Punkt mitzunehmen.

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» SVWW-Coach Peter Vollmann im BTB-Interview

Das finde ich echt grandios bei Euch. Trainer Neitzel und auch ihr Spieler geht geradeaus und sagt: „Ey, wir wollen da was holen.“ Das ging ja auch gegen Münster schon gut auf.
Harry, wir fahren sieben Stunden mit dem Bus zurück. Glaub‘ mal nicht, dass da einer Bock hat mit einer Niederlage im Gepäck zu sitzen. Klar sind wir Aufsteiger, aber wir haben doch nichts zu verlieren. Wir wollen Spaß haben, unsere Sachen umsetzen und was spricht dagegen, sich vielleicht auch im oberen Tableau festzusetzen? Da hat doch jeder Fussballer mehr Bock drauf.

Eine Abschiedsfrage noch und dann musst Du ja auch ins Bett: Hat sich Ex-Coach Thorsten Gutzeit eigentlich nach dem Saisonstart mal gemeldet?
Er war ab und zu beim Training und war wohl auch bei den Spielen. Gegen Münster soll er sogar im Gästeblock gestanden haben. Das ist schon eine super Sache. Er ist eben Holsteiner durch und durch. Bei mir persönlich hat er sich nun nicht gemeldet und ich weiß es auch nicht von anderen Spielern. Aber das muss ja auch nicht sein. Man gibt sich die Hand und begrüßt sich und dann ist auch gut. So ist eben das Geschäft.

 Ich sag‘ nur ein Wort: Vielendankundgutenacht.

Foto: Nawe/Holstein
Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.