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Sport-Reporterin Anett Sattler im BTB-Interview

Als Sport-Reporterin hat sich Anett Sattler vor allem in der Handball-Szene einen Namen gemacht. Und 2013 war irgendwie ihr Jahr. Bei BLOG-TRIFFT-BALL spricht die (unfassbar hübsche) 30-Jährige über Frauen im Sportjournalismus, eigene Erfolge, die Handball-EM ohne Deutschland, falsche Kleidung im TV und ob es eine zweite Karriere als Boxerin gibt.

 

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Anett, Du bist bei der Verleihung der Herbert-Awards im letzten Jahr ausgezeichnet worden und hast hinter Reinhold Beckmann und Frank Buschmann den 3. Platz als bester Sportmoderator/beste Sportmoderatorin gemacht. Man kann sagen: 2013 war Dein Jahr.
Ja und nein. Beruflich war es ein tolles Jahr. Ich habe das EHF-Champions-League-Final 4 moderiert, ich habe mit Herbert Grönemeyer vor 30.000 Zuschauern auf der Bühne gestanden und der Herbert-Award war das ganz große Highlight des Jahres. Ich kann es immer noch nicht richtig glauben, was da passiert ist. Das macht mich unheimlich stolz! Privat und gesundheitlich war es ein schwieriges, turbulentes Jahr. Durch gesundheitliche Probleme konnte ich bis zum Sommer gar keinen Sport machen. Inzwischen hat sich alles stabilisiert und es geht wieder. Ich bin teilweise zweimal am Tag im Box-Gym, gehe dreimal die Woche laufen, Krafttraining, Yoga, Pilates, Qi Gong. Dadurch geht es mir wieder deutlich besser. Gut, dass dieses schwierige Jahr zu Ende ist. Ich freue mich auf 2014.

Dein Arbeitgeber SPORT1 hat in diesem Jahr viel ausprobiert: Der Handball musste sich teilweise einen Sendeplatz mit der Regionalliga im Fußball teilen. Warum ist das Interesse am Handball rückläufig, obwohl die Liga spannender denn je ist?
Ein großer Faktor ist einfach die deutsche Nationalmannschaft. Sobald du ein großes Turnier ohne deutsche Beteiligung hast, nimmt das Interesse in Deutschland ab. Die Hardcore-Fans sind immer da – egal wer spielt. Aber in der Breite trägt natürlich der Bundesadler dazu bei, dass es die Leute interessiert und wenn der fehlt, ja, dann wird’s halt schwierig. Man muss aber sagen, dass sich unsere Quoten im Vergleich zum Vorjahr deutlich stabilisiert haben. So haben beispielsweise am 2. Weihnachtsfeiertag die Partie Kiel gegen Hamburg im Schnitt 390.000 Zuschauer am Fernseher verfolgt. Im Schnitt liegen wir mit unseren TV-Übertragungen in der aktuellen Spielzeit bei 250.000 Zuschauern – im vergleichbaren Zeitraum in der Vorsaison waren es nur 190.000 Zuschauer. Das Interesse nimmt wieder zu.

Obwohl die deutsche Nationalmannschaft nicht bei der EM in Dänemark dabei ist, zeigt SPORT1 vom 12. – 26. Januar mindestens 22 Spiele live. Wie wird sich die Berichterstattung ändern und bist du wieder vor Ort?
Nein, ich bin nicht vor Ort. Sehr, sehr schade natürlich. Aber toll für alle Handballfans, dass SPORT1 die Spiele überhaupt zeigt. Da sich aber die deutsche Mannschaft nicht qualifiziert hat, verzichtet SPORT1 auf eine Vor-Ort-Berichterstattung. Das Duo Sattler/Kretzschmar wird also leider nicht in Dänemark sein. Aber Stefan wird an der Seite von Markus Götz aus München kommentieren. Für mich ist es natürlich eine ungewohnte Situation, im Januar frei zu haben. Mal sehen, was ich mit der ganzen freien Zeit so anstellen werde.

Mit Laura Wontorra ist eine weitere Frau im Sportjournalismus mächtig durchgesgestartet. Eine gute Entwicklung?
Als ich vor zehn Jahren angefangen habe als Fieldreporterin in der 2. Liga zu arbeiten, war ich fast die einzige Frau am Fußballfeld. Monica Lierhaus hatte zwar schon sehr viel Pionierarbeit geleistet, aber am Anfang musste ich sehr um Akzeptanz kämpfen und mich durchboxen. Mittlerweile sind wir mehr Frauen und ich glaube, das tut der Sportberichterstattung gut, weil wir einfach anders arbeiten.

Wo siehst Du die Stärken der starken Damen?
Ich stelle schon fest, dass Frauen oft eher den emotionalen Weg im Interview suchen und nicht ganz mit der Brechstange fragen, wie es ein männlicher Kollege vielleicht machen würde. Ich glaube, es ist wichtig darauf zu achten, dass es nicht inflationär wirkt. Dann ist es für den Zuschauer nicht mehr glaubwürdig. Solange eine Frau nicht nur als Sportreporterin arbeitet, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie es sich aufgrund ihrer Kompetenz und ihres Talents erarbeitet hat, unterstützte ich das auch.

Zuletzt wurde immer wieder kontrovers diskutiert, auch einige Kollegen haben diese Entwicklung kritisiert: Freie Stellen im Fernsehen wurden zuletzt zwangsläufig mit Frauen besetzt. Wie wichtig ist ein „Niedlichkeitsfaktor“?
Ich maße mir das gar nicht an zu bewerten, welche Frau im Sportjournalismus kompetent ist und welche nicht. Dazu bin ich gar nicht in der Lage, weil ich auch einfach gar nicht alles sehen kann. Ich glaube, auch bei Frank Buschmann ist es keine grundsätzliche Kritik, sondern auch ihm geht es darum, dass Frauen nur auf Moderationspositionen gestellt werden, weil sie eben Frauen sind. Wenn man die Wahl zwischen Mann und Frau hat, sollte man nicht aufgrund des Geschlechtes auswählen wer den Job bekommt, sondern aufgrund der Fähigkeit für diesen Job. Das wollen wir Frauen doch auch gar nicht. Es tut uns und unserer Akzeptanz auch nicht gut einen Job nur zu bekommen, weil wir Frauen sind. Mir würde das jedenfalls nicht reichen. Ich will da stehen, weil ich es mir erarbeitet habe. Als ich in der Branche angefangen habe zu arbeiten war ich 20 – sah aus wie 15 – da gab es mit Sicherheit den einen oder anderen Trainer, der gedacht hat: „Oh Gott, was eine blöde Frage, aber die Kleine fresse ich jetzt mal nicht auf.“ Ein 30-jähriger Mann wäre vielleicht einen Kopf kürzer aus dem Interview gegangen. Klar hilft der „Niedlichkeitsfaktor“ gerade am Anfang der Karriere über gewisse Unsicherheiten hinweg, aber er lässt dich nicht auf Dauer bestehen. Auf Dauer wird professionelles Arbeiten erwartet – von einer Frau genauso wie von einem Mann.

Einige Fußball-Moderatorinnen haben eine Liste auf der steht, welche Kleidung sie an welchem Tag anhatten. Fällt es den Zuschauern auf, wenn du Sachen zweimal trägst?
Das ist ein guter Hinweis, sollte ich vielleicht mal tun. Gerade über die sozialen Netzwerke werde ich immer wieder damit konfrontiert. Allerdings nur selten direkt, den Mut hat ja keiner. Dann heißt es wieder: „Boah, wie sah denn die Sattler heute wieder aus“, „Was war das denn für eine scheiß Bluse“ oder „Die Schuhe hätte sie mal lieber im Schrank lassen sollen“. Wenn die Zuschauer nur das kritisieren, habe ich keinen schlechten Job gemacht. Ich achte natürlich schon darauf was ich die letzten 1-2 Male anhatte. Aber bei der Friseur kann ich sowieso nicht viel machen, die sieht immer gleich aus.

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Deine ersten Fernseherfahrungen hast du beim Boxen gesammelt. Regina Halmich ist in etwa so groß wie du. Inzwischen boxt du sogar selbst mehrmals die Woche. Wann sehen wir dich im Ring beim Promi-Boxen?
Ich bin im Sommer einfach mal hingegangen und hab mir das angeschaut. Jetzt trainiere ich so oft ich nur kann. Promi-Boxen ist allerdings völlig ausgeschlossen. Aber es ist schon ein sportliches Ziel für 2014, einen ersten Boxkampf zu machen. Das ist zwar noch ein langer Weg, aber wenn meine Entwicklung so weitergeht, ist ein Amateurkampf im Spätsommer durchaus realistisch. Da habe ich schon Bock drauf! Aber mit Kopfschutz natürlich.

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In einem Interview hast du zuletzt von dir als „Leseratte“ geplaudert. Jesscia Kastrop hat im Dezember ein Buch über ihre bisherige Karriere veröffentlicht. Kannst du dir sowas auch vorstellen?
Ich war schon als Kind eine totale Leseratte. Mit zwölf Jahren haben die mich in der Bibliothek in die Erwachsenenabteilung verfrachtet, weil ich alle Kinderbücher durch hatte. Ich habe immer lieber gelesen, als Fernsehen geguckt. Sich selbst zu überlegen, wie sieht die Szenerie aus, wie sehen die Figuren aus, hat mir immer besser gefallen. Witzigerweise ist es tatsächlich eine Art Lebensziel von mir irgendwann ein Buch zu schreiben, allerdings dann eher einen Roman mit biographischem Bezug und Geschichten, die man selbst oder Freunde erlebt haben. Jeder kann sich dann selbst ein Bild machen, wie viel Autobiographie am Ende dabei ist oder auch nicht. Eine klassische Biographie im Alter von 30 Jahren finde ich allerdings deutlich zu früh. Sollte ich tatsächlich weitere 30 Jahre an der Seitenlinie stehen, habe ich als Sport-Oma mit Sicherheit genug Stoff für eine spannende Biographie. Aber jetzt ist es dafür noch deutlich zu früh.

Zuletzt noch einen Blick auf 2014: Auf was freust du dich, was wird sich bei dir ändern?
Es wird sich definitiv etwas verändern bei mir, aber da ist noch nichts spruchreif. Ich würde einfach gerne die Erfahrung, die ich in den letzten zehn Jahren gesammelt habe weitergeben. Inzwischen gibt es Medienakademien, die es zu meiner Anfangszeit noch nicht gab. Als Gastdozent zu arbeiten, das ist zum Beispiel eine Sache, die mich sehr interessiert. Ich glaube mit meiner Geschichte kann ich den jungen Leuten helfen, da ich selbst den klassischen Weg über ein Praktikum zur Reporterin gemacht habe. Dies würde mir sicher auch viel Spaß bereiten.

Finn Clausen