Top

HSV: Hochglanz und Knackwurst vom Aussterben bedroht

von Martin Sonnleitner

Dem HSV stünde mit einem Abstieg in Liga zwei neben dem sportlichen auch ein wirtschaftlicher Supergau bevor. Dennoch: Bis zum 15. März mussten die Lizensierungsunterlagen für beide Klassen beim Deutschen Fußball-Bund eingegangen sein. Hintergrund: Ab Rang 13 abwärts muss dies auch für das Unterhaus des Profifußballs geschehen – der HSV ist derzeit Vierzehnter.

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Experten gehen bei einem Abstieg von einem sofortigen Rückgang der Erträge aus Fernsehgeldern, Sponsoren, Merchandising und Spieltagseinnahmen von 40 Prozent aus, im zweiten Zweitligajahr sogar von 60 Prozent. Schmalspuretat wäre also angesagt. Müssten somit also auch viele der rund 200 Geschäftsstellenmitarbeiter des Bundesliga-Urgesteins um ihren Job bangen? Insgesamt hängen am regionalwirtschaftlichen Futtertrog der Raute 740 Arbeitsplätze, indirekt an Spieltagen kommen noch mal rund 1500 Teilzeitkräfte hinzu, ermittelte das „Abendblatt“.

Hochglanz und Knackwurst vom Aussterben bedroht

Vom Pressestab inklusive Social-Media-Abteilung, über Marketingprofis, einen hochprofessionellen Mediziner- und Physiotherapeutenstab, bis hin zum Team- und Clubmanager beschäftigt der Verein viele Leute, um einen Branchenriesen mit einem dreistelligen Millionenumsatz adäquat am Laufen zu halten. HSV-Pressesprecher Jörn Wolf sagt, dass auch im Falle eines Abstiegs alle Geschäfte wie bisher aufrechterhalten werden müssten. Das gelte für „alle Bereiche, Ticketing, Merchandising, Medien und Marketing“. Ligakonkurrent Hertha BSC, 2010 und 2012 abgestiegen, machte vor, wie man ohne Personalreduktion den Gang ins Unterhaus bewerkstelligen kann.

In der Hauptstadt wurden nach dem ersten Abstieg alle Leute gehalten. „Aber auch nur, weil die leitenden Angestellten bereit gewesen waren, 25 Prozent an Gehaltseinbußen hinzunehmen“, berichtet der damalige Pressechef der Berliner, Gerd Graus. „Als wir wieder aufgestiegen waren, haben wir dann die Differenz ausbezahlt bekommen“, ergänzt er und das alte Gehalt wiederbekommen. Was aber Warnung für den HSV sein sollte: „Beim zweiten Abstieg war das dann nicht mehr möglich“, so Graus. Handhabe habe der Verein dann immer, trotz eventuell unbefristeter Verträge Mitarbeitern aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen.

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Der HSV hat jetzt schon aufgrund hoher Schulden den Gesamtetat Schritt für Schritt mächtig reduziert. Im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2012/13 lag er nur noch bei 108 Millionen Euro, im Jahr davor noch bei über 147 Millionen. Immer noch schluckt dabei der aufgeblähte Spieleretat mit 40 Millionen Euro die größte Summe. Hier liegen die Rothosen sogar auf Rang sechs aller Bundesligavereine. Als Erstes würden bei einem Abstieg die Profiverträge auf das neue Etatgefüge abgestimmt, sagt Wolf.

Dennoch bleibt die Frage, ob es in der Zweiten Liga noch weiterhin das gut gemachte Hochglanzvereinsmagazin geben wird? Oder den preisgekrönten Webauftritt? Sieht man die charmante Wurstverkäuferin bei Heimspielen wieder? Graus berichtet aus eigener Erfahrung: „Die Leute sind nervös. Gerade wenn man von einem hohen Niveau kommt, Jahre lang Europa League gespielt hat, ist man ein anderes Niveau gewöhnt.“ Dies betreffe auch die Anzahl der Mitarbeiter. Ein Jahr lang könne man dieses vielleicht halten, schätzt Graus. Länger nicht.

► WOCHEN DER WAHRHEIT

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.