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Neustrelitz: Stadion zur Zwischenmiete gesucht

Nach Jahren der „Allein-Regentschaft“ im beschaulichen Mecklenburg-Vorpommern darf der FC Hansa Rostock vielleicht bald einheimische Gesellschaft in der 3. Liga begrüßen. Denn die TSG Neustrelitz setzt ihre Erfolgsserie konsequent fort und könnte sogar alsbald zur Zwischenmiete in die DKB-Arena ziehen, wenngleich die Tendenz momentan eher für die andere Option spricht.

Foto: TSG/GraphischeWerkstatt

Was soll bei der TSG Neustrelitz eigentlich noch schief gehen? Der unangefochtene Tabellenführer der Regionalliga-Nordost gewinnt nämlich auch die Spiele, die er eigentlich nicht gewinnen darf. Wie kürzlich gegen den Vertreter aus Meuselwitz. Schläfrig, unkonzentriert und auch ein wenig überrascht wirkte die Brdaric-Elf, als sie dem Tabellendreizehnten in der ersten halben Stunde hoffnungslos unterlegen war.

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Doch mit ein wenig Glück und einer reichlichen Portion Zielstrebigkeit holte sich der einsame Tabellenführer die Punkte im heimischen Parkstadion zurück und hielt den zurzeit ebenfalls brillierenden Rivalen aus Magdeburg dank eines Treffers in der Nachspielzeit auf Distanz. Klar, dass die rund 1200 Zuschauer im Parkstadion in ausgelassener Partystimmung schwelgen durften und sich Manager Bornemann im Siegestaumel beim Ruhepuls  von 180 Gedanken über die nächstliegende Kardiologie machte, wie er selbst mit einem Grinsen berichtete.

Bei aller Euphorie, die aufgrund der profunden sportlichen Situation nur allzu verständlich ist, könnten jedoch auch unangenehme Aufgaben bevorstehen. Zum Beispiel die Frage, wo der derzeitige Viertligist bei einem etwaigen Aufstieg  seine Heimspiele bestreiten dürfte. Zwar gehen die Arbeiten am Stadion, unter anderem die Installation einer drittligatauglichen Flutlichtanlage und die Vorbereitungen für den Aufbau einer Gegentribüne, sehr gut voran, doch bleiben weitere Fragen offen. So ist noch unklar, inwieweit die Stadt (der gehört das malerisch gelegene Parkstadion) und das Land die TSG bei den Stadionumbauarbeiten unterstützen werden. Fakt ist, die prognostizierte siebenstellige Summe die für den Umbau veranschlagt wird, ist mit Vereinsmitteln nicht zu stemmen, wie TSG-Sportvorstand Oliver Bornemann deutlich macht: „Wir sind ein kleiner Verein, der mit seinen Mitteln sehr gewissenhaft operiert. Eine so große Investition wie den Stadionumbau können wir unmöglich  finanzieren.“

Dabei scheint jetzt schon klar zu sein, dass die TSG bei einem Drittliga-Aufstieg vorrübergehend aus dem Parkstadion ausziehen müsste, da die hohen Anforderungen, insbesondere in den DFB-Sicherheitsvorschriften, unmöglich bis zum nächsten Sommer umzusetzen sind.

Beruhigend aus Sicht der Mecklenburger: Die Relegation, die mit jedem Sieg ein wenig näher rückt, wäre laut Bornemann in der heimischen Spielstädte durchführbar: „Wir erfüllen die Bedingungen des Nordostdeutschen-Fußballverbandes und könnten ohne Probleme ein Relegationsspiel durchführen. Spiele wie im DFB-Pokal gegen Freiburg haben ja gezeigt, dass wir Highlight-Spiele entsprechend umsetzen können.“

Bleibt die Frage, welche Arena für die Süd-Mecklenburger im eventuell anstehenden Drittliga-Alltag als Spielkulisse dienen wird.  Wie BLOG-TRIFFT-BALL aus Kreisen der TSG erfuhr, beschäftigen sich die Verantwortlichen vor allem mit zwei Optionen.

So steht zum einen der 114* Kilometer  entfernte Jahn-Sportpark in Berlin zur Debatte,  zum anderen aber auch die 145* Kilometer entfernte DKB-Arena  zur Disposition. Bornemann, der neulich die Drittliga-Partie zwischen dem FC Hansa und dem Chemnitzer FC beobachte und dabei mit den Führungsfiguren des FC Hansas netzwerkte, bestätigt: „Wir denken über die Option Rostock nach.“ Erklärend fügt der 38-Jährige hinzu: „Die Arena ist einfach ein tolles Stadion. Zudem ist es beeindruckend, wie großartig die Stimmung ist. So ein neunzigminütiger Support wie am Wochenende habe ich noch nie zuvor erlebt.“

Doch wie wahrscheinlich ist die Option Rostock für die TSG?

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Die infrastrukturellen Bedingungen sprechen dabei trotz der etwas größeren Distanz eher für Rostock als für Berlin. Der Grund: In Sicherheitsfragen und Dienstleistungsfaktoren, beispielsweise dem Catering, besitzt das schmucke Stadion große Vorteile gegenüber der Kultspielstätte im Berliner Stadtteil Pankow. Auch für den FC Hansa Rostock würde eine gastierende Neustrelitz Vorteile bringen. Denn der Gast aus dem eigenen Bundesland wäre eine zahlende Kundschaft, die eine Miete für den Spieltag aufbringen müsste. Ein Fakt, den auch Bornemann betont: „Natürlichen spielen Kostenfragen in den Planungen eine wichtige Rolle.“

Die andere Frage ist jedoch, ist die TSG Neustrelitz ein gern gesehener Gast? Die deftige Landespokal-Blamage aus dem Vorjahr zerrt noch am Rostocker Gemüt, inwieweit es mit der Akzeptanz um den Liga-Konkurrenten bestellt wäre, bleibt ebenfalls ein Aspekt, den man nicht nonchalant begegnen darf. Dazu die irdischen Probleme: Hält der Rostocker Rasen, der in den vergangenen Jahren immer wieder in negativen Kontexten auftauchte, der höheren Belastung stand?

Allerdings scheint es eher so, als ob sich die Rostocker diesen Fragen nicht stellen müssen. Es dringt nämlich durch, dass die TSG verstärkt mit der Berliner Alternative kokettiert. Der Grund dafür ist die bessere Anbindung für die Fans, die man sich in Neustrelitz erhofft. Oliver Bornemann erklärt: „Der Jahn-Sportpark ist für unsere Fans besser zu erreichen. Vom der Haltestelle Gesundbrunnen zum Stadion sind es nur wenige Fußminuten. Unsere Anhänger könnten bequem vom Neustrelitzer Hauptbahnhof zu den Heimspielen anreisen.“

*entspricht der günstigsten PKW-Fahrtstrecke
Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.