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BTB-Hannes erklärt den neuen F.C. Hansa

Was erwartet den FC Hansa im kommenden Jahr? Wie ist die Stimmungslage? Aufstieg oder Mittelmaß? Alles Fragen, mit denen sich BTB-Hannes vor dem Trainingsauftakt herumplagt. Seine Gedanken und Erwartungen.

Foto: Hammoniaview.de

Wo liegen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei Peter Vollmann und Andreas Bergmann?

Sowohl Rückkehrer Vollmann als auch der ziemlich rabiat geschasste Andreas Bergmann besitzen in ihrem Wesen Gemeinsamkeiten. So sind beide nicht nur ziemlich früh stark ergraut, sondern überzeugen menschlich durch eine große soziale Ader. Während sich der aktuelle Hansa-Coach um die medizinische Versorgung von Kindern in Ghana sorgt, ist Andreas Bergmann beständiges Mitglied bei Anti-Nazidemonstrationen. Für Bergmann, der von Bekannten ab und an auch als Philanthrop beschrieben wird, eine Selbstverständlichkeit. Neben der gutherzigen und freundlichen Art der beiden Protagonisten, gibt es jedoch kaum Gemeinsamkeiten. Während Vollmann einen konservativen Fußball bevorzugt, der auf straffen Hierarchien innerhalb der Mannschaft beruht, steht Bergmann eher einem „Menotti“ nahe, der den „linken Fußball“ propagierte. Dieser „linke Fußball“ distanziert sich von archaischen Mannschaftgebilden und setzt bevorzugt auf eine Mannschaft, die schönen Fußball im Kollektiv spielt. Der jedoch aufgrund seiner Komplexität sehr zeitaufwendig in seiner Strukturierung ist. Vollmanns präferierter Fußball ist einfacher und geradliniger gestaltet. Auch ist der ehemalige Aufstiegstrainer im Gegensatz zu seinem Pendant ein Trainer, der den „besonders“ schnellen Erfolg im Auge hat. Neuverpflichtete Spieler sollen sofort passen und nicht erst in eine Rolle hineinentwickelt werden. In puncto Kaderzusammenstellung und taktische Einstellung ist Vollmann kurzfristig deutlich besser aufgestellt als Andreas Bergmann, auch aufgrund seiner längeren Erfahrung im unteren Profibereich.

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Fazit: Vollmann ist der Typ „ärmelhochstreifende Unternehmer“, der in einigen Fachgebieten große Qualitäten mitbringt und in seiner Mannschaftsführung auf konservative Elemente in der Mannschaftsführung setzt. Bergmann ist dagegen der Typ „sozialer Intellektueller“, der von alten Methoden wie dem Laktattest (schrieb über Biochemie seine Studienarbeit) aufgrund von fundierten Motiven nichts hält.

Ist Vollmann der richtige Kapitän für die Hansa-Kogge?
Jein. Auf den ersten Blick passt Vollmann perfekt an die Ostseeküste, da sein Hunger nach sportlichem Erfolg zur Ungeduld der oberen Etagen kompatibel ist. Seine Fähigkeiten in der Kaderzusammenstellung sind unbestritten, ebenso das Formen einer schnellen taktischen Reife. 2010 passte Peter Vollmann daher perfekt an die Ostseeküste, da er einen quasi nicht existierenden Kader komplett neu aufstellen konnte. In diesem Jahr ist es anders. Da stehen Vollmann lediglich punktuelle Veränderungen zur Verfügung. Zudem ist der Münsterländer kein Trainer, der junge Talente entscheidend weiterentwickelt und schleift. Ein Tobi Jänicke, der alle Anlagen für eine gute 2. Liga-Karriere besitzt, spielt noch immer auf einem ähnlichen Drittliganiveau wie im Spätsommer 2010. Für Vollmann sind junge Spieler, wie damals unter anderem Kevin Pannewitz und Stephan Gusche, lediglich zeitlich begrenze Bausteine innerhalb der Mannschaft. Nicht umsonst setzte ihn Wehen-Wiesbaden auch deshalb vor die Tür, weil er sich dem vermehrten Einsatz von Talenten entgegenstellte. Zudem spricht gegen Vollmann, dass sein meistens sehr positives erstes Jahr nie eine Fortsetzung, geschweige denn eine Entwicklung fand. Dies deutete sich in Rostock bereits in der Rückrunde der Aufstiegssaison an.

Fazit: Peter Vollmann passt zur Vereinsführung besser als Andreas Bergmann, da der schnelle Hunger nach Erfolg beide Seiten vereint. Für die langfristige Arbeit, gerade mit vielen jungen Spielern, scheint Vollmann jedoch nicht der 1A-Kandidat zu sein. Dennoch: eine Aufstiegschance ist unter dem Rückkehrer immer präsent. Alleine schon deshalb, weil Vollmann ein hervorragender Ingenieur der einfachen Systematik ist. Daher besitzt er im Vergleich zu Andreas Bergmann zumindest im ersten „Trainerjahr“ erhebliche Vorteile.

Ist die Mannschaft besser als im letzten Jahr?
Zwar sind die Kaderplanungen erst „weitestgehend“ abgeschlossen, doch sprechen die Zeichen dafür. Mit Christian Bickel, Marcel Ziemer und Kai Schwertfeger ist der FC Hansa bereits sehr kostenintensiv einkaufen gegangen. Auch wenn es von Vereinsseite nicht so kommuniziert wird. Spieler, an denen auch vereinzelt  2. Liga-Klubs Interesse äußerten, sind nicht alleine der schönen Ostsee wegen an die Küste gekommen. Vollmann scheint im Hinblick auf einzelne Spieler besser budgetiert, als es Andreas Bergmann im vergangenen Sommer war. Geld, das bisher jedoch gut angelegt scheint. Mit Ziemer kommt ein abschlussstarker Stürmer an die Ostsee, mit Schwertfeger ein künftiger Mittelfelddirigent. Die Abwehr wurde ebenfalls auf den notwendigen Positionen ergänzt. Mit Christian Stuff wurde ein solider Innenverteidiger akquiriert, der das Innenverteidigerproblem lösen könnte. Brisant: Wie BLOG-TRIFFT-BALL aus Beraterkreisen erfuhr,  soll Ex-Bundesligastar Maik Franz nicht nur mit einem Wechsel nach Rostock kokettiert haben, sondern bereits mit Uwe Vester zu „moderaten“ Bedingungen handelseinig gewesen sein.

 

Fazit: Die Neuzugänge überzeugen formal und beheben Mängel aus der Vorjahresmannschaft. Hohe Erwartungen, die Peter Vollmann in seiner Paradedisziplin zumindest auf dem ersten Blick erfüllen konnte. Vergleicht man Zu- und Abgänge, hat Hansa insgesamt ein Plusgeschäft gemacht.

Kann der FC Hansa um den Aufstieg mitspielen?
Das der FC Hansa zumindest temporär gut aufgestellt sein wird, steht für mich sogar gänzlich außer Frage. Das Problem: anders als im letzten Jahr, als praktisch zwei, drei Teams alleine das Geschehen diktierten, können dieses Jahr einige Mannschaften oben mitspielen. Neben den Absteigern zählen dazu die Wiesbadener um den guten Trainer Marc Kienle, die zusehends in Form gekommenen Münsteraner, die immer gefährlichen Osnabrücker und Teams, die wahrscheinlich noch niemand auf dem Zettel hat. Konstant spielende Hallenser und Kieler, die im letzten Jahr zeitweise großartigen Fußball inszenierten, könnten mit einer Portion Rückendwind ebenso eine Überraschung initiieren.

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Meine Erwartung: Prognosen sind für mich ohne wissenschaftlichen Fundus Glücksspiele, die am Ende meistens mit der Bestimmung eines „Kurzeit-Chauvis“ einhergehen. Würde ich Hin- und Rückrunde tippen, könnte ich mir einen zweiten bis fünften Rang nach der Hinrunde vorstellen, der am Ende aber nur für einen Platz in der oberen Tabellenhälfte reicht.

*gerne, würde ich mich täuschen.

Welche Spieler können explodieren?
Shervin Radjabali-Fardi steht da ganz oben in meiner Liste. Vom Talent her, mit Sicherheit einer der besten Außenverteidiger der Liga. Zudem können Spieler wie Julian „Jule“ Jakobs oder Max Christiansen natürlich ein Super-Jahr absolvieren. Ansonsten darf man auf „Mucki“ Kucukovic gespannt sein. Spätestens seit Domenik „Dodo“ Stroh-Engel sollte klar sein, dass man kriselnde Ex-Toptalente niemals abschreiben sollte. Ich empfand es als unfair und gar befremdlich, wie andere Seiten einen Akteur zum „Flop der Saison“ bestimmten, der nach langer Pause weiterhin von vielen Blessuren zurückgeworfen wurde und zu keinem Zeitpunkt als Leistungsträger „vorgesehen“ war. Auch deshalb wünsche ich „Mucki“ ganz persönlich ein gutes Jahr. Gerade, weil er in präpotenter Manier niedergeschrieben wurde.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.