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„Wir sind das Freiburg der Regionalliga“

Es gibt sie noch, die erfolgreichen Underdogs vom Land, die mit Esprit und Herzblut ihr Team in die Toptabellenplätze peitschen. In der Regionalliga Nord heißt dieser Verein TSV Havelse – und wagt den Aufstand gegen die finanziellen Viertliga-Giganten aus Wolfsburg, Hamburg oder Bremen. Umringt von den Sprößlingen der Bundesligisten grüßen die Kicker aus dem beschaulichen Garbsen derzeit von Platz 2 der Tabelle.

Foto: www.fotodesig-ahrndt.de

Obwohl das aktuelle Ranking sich schön liest und auch den Respekt bei den Gegnern einfordert, weiß Trainer Christian Benbennek: „Die Tabelle darf zunächst ein Mal keinen Wert für uns haben. Es wird Rückschläge geben, aber daraus muss man lernen und professionell damit umgehen.“ Die prophetisch klingenden Worte des ehemaligen Jugendtrainers des VFL Wolfsburg sollten sich am vergangenen Wochenende bewahrheiten.

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Dabei musste sich der TSV den jungen Wölfen mit 0:4 geschlagen geben – erwähnenswert dabei bleibt, dass sich die Höhe mitunter aus einem Mix aus 30-Meter-Sonntagsschuss und WM-Gedächtnisfehlentscheidung (Freistoß aus 5m zum 0:4) zusammensetzte. Das letzte Mal, dass die Rot-Weißen das Feld mit so vielen Gegentoren räumen mussten, ist auf den 30. November des letzten Jahres datiert und endete mit 2:5 gegen die Eintracht aus Norderstedt.

Doch seitdem ist viel passiert und ein kurzer Blick auf die Tabelle zeigt, dass es beim TSV ein Geheimrezept für den Erfolg geben muss. Sieht sich der Verein doch einem tranfermarkt-zyklischen Komplettumbruch ausgesetzt, der konstante Arbeit mit einer Kernelf nahezu unmöglich macht und ein Vereinsbudget aufweist, das „im Verhältnis der Liga auf einem Abstiegsplatz anzusiedeln wäre“, so Benbennek. Dass der Traditionsverein, der mit unregelmäßiger Regelmäßigkeit große Spieler und Trainer hervorbringt, das Schicksal aller Ausbildungsvereine teilt, gehört zu den harten Fakten der geldregierten Fußballwelt. „Wir sind das Freiburg der Regionalliga. Unsere Spielweise weckt Begehrlichkeiten bei finanzstärkeren Vereinen, was zwangsläufig zu einer hohen Fluktuation an Spielern führt.“

Teil des Erfolgsrezepts ist zweifelsohne die funktionierende Kompensation der vielen Spielerwechsel. Die gute Nachwuchsarbeit sowie die Identifikation einiger Spieler mit dem Verein erleichtert die Mammutaufgabe dabei zusehends. Die abgeschlossene Personalplanung für die laufende Spielzeit bewertet der 41-jährige Fußballtrainer demnach auch positiv: „Unsere Kaderplanung kann man diese Saison als gelungen bezeichnen. Wir haben Führungspersönlichkeiten auf dem Rasen und die Jungs zeigen Charakter, Ehrgeiz und Kampfeswillen. Das Team fightet in den Spielen mit wahrem Herzblut.“

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Die familiäre Atmosphäre, die sich durch den gesamten Verein zieht, spürt man auf wie neben dem Platz. Seien es Eigengewächse wie Maurice Maletzki oder Daniel Degner, die ihren neuen Mannschaftskameraden den Spirit vorleben und mit einbinden oder Spieler wie Patrick Jöcks, der sich dem Verein so verbunden fühlt, der bis zum Antritt seines Studiums im Oktober den Kader verstärkt um dem Verein mehr Stabilität zu bringen.

Von sportlicher Warte aus gesehen, kann der TSV seine Siege aus einer sicheren Defensive und einem überragenden Schlussmann, Alexander Meyer, heraus aufbauen. „Dennoch bleiben die 3 Punkte immer ein Verdienst der gesamten Mannschaft und stimmigen Philosophie. Was wir an Kleinigkeiten noch besser machen können, analysieren wir im Anschluss an die Partien und im Vorfeld auf den jeweiligen Gegner immer gesondert und versuchen es im nächsten Spiel besser umzusetzen.“

Was die Ziele betrifft, gibt der Trainer eine klare Fahrtrichtung vor: „Vom Aufstieg zu reden, ist vermessen. Wir bleiben bescheiden und wissen, dass wir stets der Underdog sind. Wenn wir mit der Art zu spielen, die Menschen begeistern können und wissen, dass wir alles gegeben haben, was wir konnten, können wir mit uns zufrieden sein. Sollten wir damit auch Sponsoren gewinnen können, wäre das zudem für eine nachhaltigere Verbesserung unserer sportlichen Situation sicherlich von Vorteil.“

Richard Hill