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RFC-„Rose“ im Interview: „Die Mannschaftsabende sind legendär“

Bei Hansa bis zur  C-Jugend unter Roland Kroos aktiv, dann über die Zwischenstation Bentwisch zum RFC. Abwehr-Ass Christian Rosenkranz hat im Rostocker Fußball bereits einiges gesehen. Bei BLOG-TRIFFT-BALL spricht er über seine persönlichen Pläne, die Faszination Rostocker FC und erklärt, warum man mit 15 auf einmal keine Lust mehr auf Jugendfußball in einem Bundesliga-Verein hat.

Bild: Privatarchiv

 

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Christian, nach tollem Saisonstart gab es für Dich und Deine Teamkollegen nun zwei Niederlagen in Serie. Was ist da los?

Wir haben gegen sehr starke Gegner gespielt, das darf man nicht vergessen. Dennoch ist es ärgerlich, dass wir in beiden Spielen ohne Punkte geblieben sind.

Besonders ärgerlich war es anscheinend gegen Torgelow. Nach achtzig Minuten lagt ihr ja noch in Führung.

Das war auch so. Wir haben einfach die Ordnung verloren, weil wir taktisch etwas verändert haben. Und dann darf man sich halt nicht wundern, dass der Tabellenführer diese Fehler eiskalt bestraft.

Das klingt ja nach einem Fehler des Trainers.

Nein, auf keinen Fall. Wir haben  als gesamte Mannschaft nicht mehr das umgesetzt, was uns vorher so stark gemacht hat. Das kam dem Gast natürlich sehr gelegen.

Ein Oberliga-Trainer aus Hamburg sagt nun: Fußball beginnt erst aber der Regionalliga. Da könnte man ja sagen: über Niederlagen kommt man sechstklassig doch noch ganz gut hinweg.

Natürlich ärgern wir uns. Gerade wenn Niederlagen unnötig zustande kommen, man eigentlich mehr verdient gehabt hätte und die Leistung lange gut war – im Endergebnis aber null Punkte herauskommen.

Nun hattest Du ja am Samstagabend trotzdem gut Lachen.

Ein Sieg gegen Dortmund macht immer Spaß. Und besonders dann, wenn man weiß, dass es auch ein kleines BVB-Grüppchen in unserer Mannschaft gibt.

Wie bist Du dann eigentlich zum RFC-Grüppchen gekommen?

Ich habe bis zur C-Jugend unter Roland Kroos bei Hansa gespielt. Bin dann nach Bentwisch gewechselt und war dort mit Manni Starke in der A-Jugend-Regionalliga aktiv. Dann kam ich zum RFC und bin hier hängen geblieben.

Wieso hört man in der Hansa-Jugend auf? Wurde Dir mitgeteilt, dass es nicht reicht, oder war es ein freiwilliger Rückzug?

Ich habe damals ein wenig die Freude am Fußball verloren. Die ganzen Trainings, die selbst am Vormittag stattfanden. Das in Verbindung mit der Schule war ein immenses Pensum. Ich wollte aber auch Freizeit haben, mit Freunden abhängen. Später auch feiern gehen und mal ein Bierchen trinken. Ich hatte irgendwann die Bedenken, was die Jugend noch wert sein würde, wenn man sich bis zum 18. Lebensjahr komplett dem Fußball verschreibt und dann irgendwann gesagt bekommt, dass es nicht für oben reichen soll. Dann hat man seine Jugend und viele Freundschaften gewissermaßen verspielt.

Also bereust Du den Schritt nicht?

Nein, ich kann sagen, dass ich eine schöne Jugend hatte. Und nun spiele ich in einer super harmonierenden Mannschaft, habe einen Job der mir Freude bereitet und vieles ist einfach sehr gut für mich gelaufen.

Was ist denn Dein  richtiger Job?

Ich bin Dachdeckermeister. Ich habe die Meisterschule im letzten Jahr in Lübeck absolviert, was im höherklassigen Fußball wohl nicht möglich gewesen wäre.

Nun bleibt aber die Frage: Was sind Deine Ziele als Fußballer? Dein Trainer traut Dir dritte Liga zu, pries Dich zuletzt förmlich beim FC Hansa an. Wo willst Du sportlich noch hin?

Wir haben uns im letzten Jahr als Mannschaft zusammengesetzt und uns eingeschworen. Zusammen ausgemacht, dass wir in unserer Konstellation etwas erreichen wollen. Dass wir uns mit dem Trainer verbessern wollen um irgendwann ganz oben in dieser Liga anzugreifen. Da sind wir auf einen sehr guten Weg, was man auch daran erkennen konnte, dass wir im Sommer als Team zusammengeblieben sind, ohne dass es größere Abgänge gab.

Also demnächst alles auf die Verbandsliga-Meisterschaft?

In diesem Jahr wird es noch schwer. Aber ich würde lügen, wenn ich da abwinken würde.

Das nur mit dem RFC, oder gibt es andere Klubs, die zu Not herhalten könnten?

In der Verbandsliga nicht. Ich könnte mir sogar vorstellen, für immer in Rostock zu spielen. Jedoch mit der Einschränkung, dass ich schon hinhören würde, falls sich noch einmal eine Tür nach oben öffnet. Als junger Spieler muss man sich diese Option einfach offenhalten.

Du bist 22. Eigentlich ziemlich alt, um noch einmal in die dritte oder vierte Liga zu kommen.

Ja, wenn man den Fußball so verfolgt, dann ist da etwas Wahres dran. Es ist halt so, dass junge Spieler begehrter sind. Eher ihre Chance bekommen, als vielleicht ein 25-Jähriger, der sogar noch viel besser sein kann als der 17-Jährige. Es ist schade, dass man Spielern dieser Altersgruppe keine positive Entwicklung mehr zutraut.

Gab es eigentlich einmal das Angebot,  in einer höheren Liga anzuknüpfen?

Ich hätte vor eineinhalb Jahren zu einer populären Oberligamannschaft wechseln können. Habe mich aber dagegen entschieden, weil ich mich beim RFC wohlgewühlt habe und die Entwicklungen in der Mannschaft genau gesehen habe. Da möchte man dann auch nicht weg, wenn man sieht, was hier entstehen kann. Zudem ist diese Mannschaft einfach einmalig. Wir halten zusammen, helfen uns bei Problemen. Zankereien wie in anderen Teams oder Neid um Einsätze – all das gibt es bei uns nicht.

So richtig läuft es erst  seit der Ankunft von Jan Kistenmacher. Wie kam das?

Bevor er kam, waren wir ja auf dem Weg nach unten. Nicht nur in der Tabelle, wo wir im Abstiegskampf steckten. Bei den Trainings waren oft nur sieben oder acht Spieler, niemand hatte wirklich mehr Lust auf die Einheiten. Vieles drohte damals auseinander zu brechen.

Und dann?

Unter Jan Kistenmacher war einfach von Beginn an Feuer drin. Er hat so trainiert, dass wir danach das Gefühl hatten, etwas gelernt zu haben. Auch sind wir als Team wieder enger zusammengewachsen. Das hat sich seitdem fortgesetzt, auch weil wir viel abseits des Platzes unternehmen. Die Mannschaftsabende sind teils legendär.

Und der Trainer klinkt sich noch rechtzeitig aus?

Ja, meistens klinkt er sich noch rechtzeitig aus. (lacht)

Wir haben gehört, dass er bei den Standarttrainings ausdauernder ist.

Das ist er zweifellos. Es ist ganz schön anstrengend, 45 Minuten nur Ecken und Freistöße zu trainieren. Dabei auch noch oft das Gleiche machen, immer wieder dieselben Abläufe üben. Da denkt man sich schon, wann es nun richtig losgeht. Wieder mehr Tempo reinkommt. Im Grunde ist es aber diese Akribie im Training, die uns so stark macht. Wir wissen in den Spielen genau, was zu tun ist. Das ist der Verdienst des Trainers.

Wie läuft es eigentlich mit Daniel, Eurem brasilianischen Zauberfuß?

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Wenn ich an die Anfänge denke, wo er kein Wort Deutsch beherrschte und wir uns mit Händen und Füßen verständigten, ist seine Entwicklung einfach enorm. Er lernt die Sprache mit viel Hingabe, ist schon so weit, dass wir uns problemlos verständigen können. Dazu lernt er auch auf dem Platz. Das war früher gar nicht so einfach. Er hat vieles alleine gemacht und die Sache mit dem Laufen, wenn man nicht im Ballbesitz ist, verstand er auch nicht auf Anhieb. Aber so ist halt der klassische brasilianische Fußballer gestrickt.

Wenn Daniel solche Schritte nach vorne nimmt, wie macht sich der ganze Verein?

Ich finde, dass der Verein auf einem guten Weg ist. Das spürt man. Auch das die Bundesligadebatte immer mehr aus dem Tagesgeschäft verschwindet, ist doch ein gutes Zeichen. Ich habe das nie so verstanden. Die Bundeswehr will uns ja nichts schlechtes, sondern hilft uns mit den Transportern.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.