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„Die Stimmung ist vom Negativen zum Positiven gekippt“

Auf Steven Ruprecht wird eine Schlüsselrolle zukommen. Wir sprachen mit den Innenverteidiger über die schwere Hinrunde, Kritik der Fans und über Dinge, die ihn zuversichtlich machen. Zunächst war es als ein Doppelinterview mit Christian Stuff geplant, welches sich kurzfristig erübrigt hatte.

Herr Ruprecht, Sie können auf eine lange Karriere zurückblicken. Wo ordnet sich diese Saison bisher ein?
Für mich geht es nicht nur um die Hinrunde der laufenden Saison. Das vergangene Jahr glich für mich einem persönlichen Desaster. Besonders im Sport lief alles daneben, was daneben laufen konnte. Rückblickend bin ich mit der Chance auf die 2. Liga ins Jahr 2014 gestartet, gelandet bin ich am Ende des Jahres auf einem Abstiegsplatz. Ich war froh, als das Jahr endlich vorbei war.

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Da Sie ja die Möglichkeit besitzen, die zwei Hansa-Mannschaften des letzten Jahres vergleichen zu können, wie würden Sie werten?
In der letzten Saison kam sehr viel Positives zusammen. Wir blieben lange von Verletzungen verschont, dazu waren viele Spieler in unserer besten Phase in absoluter Topform. Und wenn du gewinnst, ist es auch ein Leichtes, als Mannschaft zu harmonieren.

Ab welchem Zeitpunkt wurde es das erste Mal absehbar, dass es – nach unten gesehen – verdammt eng werden könnte?
Bereits nach den Spielen gegen Kiel und Wiesbaden hatte ich das ungute Gefühl, dass es in die Richtung der Vorsaison gehen könnte. Wir haben in den Spielen nicht allzu schlecht gespielt, und waren, glaube ich, nicht weit von unserer Leistungsgrenze entfernt. Das setzte sich dann auch gegen die kleinen Teams fort. Es musste bei uns einfach alles passen, damit wir Spiele erfolgreich abschließen konnten. War irgendwo der Wurm drin, dann konnte man das sofort an den Ergebnissen ablesen. Und selbst wenn wir annähend gleichwertig waren, wie damals in Cottbus, reichte es oftmals nicht zu etwas Zählbarem.

Ist es eigentlich die Pflicht des Spielers, etwas zu tun, wenn sich herausstellt, dass der Trainer mit seinem Latein am Ende ist?
Wir als Spieler müssen das umsetzen, was der Trainer fordert. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Personen an der Seitenlinie zu bewerten und dann darüber zu befinden, ob eine Veränderung nötig wäre. Dafür gibt es die entsprechenden Verantwortlichen. Wir müssen uns auf unsere Leistung konzentrieren.

Nun haben Sie besonders viel Kritik einstecken müssen. Wie geht man damit um?
Zum Profifußball gehört dies auch dazu. Es ist natürlich schade, wenn es zum Teil unreflektierte Kritik gibt. Aber damit muss man in unserem Beruf umgehen können. Mir ist es wichtig, wie der Trainer und die Personen aus meinem Umfeld mein Spiel bewerten. Daraus versuche ich Rückschlüsse zu ziehen.

Gab es dennoch Dinge, die in dieser Phase verletzend waren?
Wenn es unter die Gürtellinie geht, kratzt es immer ein wenig. Wenn jemand in der Anonymität ablässt, dass es das Gleiche wie Pest oder Cholera wäre, Ruprecht oder Vidovic aufzubieten, dann ist das einfach respektlos Jovan und mir gegenüber. Na klar, ich mache Fehler. Aber ich bin der Letzte, der ausweichen würde, wenn jemand mit mir darüber im direkten Gespräch diskutieren möchte.

Wie sieht es eigentlich mit der Lust aus – es wird ja manchmal der Vorwurf gegen Sportler erhoben, dass sie einfach nicht mehr wollen.
Wir können vom Fußball leben. Das schätzen wir, und jedem ist bewusst, dass wir den Traum von vielen Menschen leben können. Aber es ist ja lange nicht so, dass wir als Drittliga-Spieler Millionäre werden. Deshalb spielt auch der Obolus durch Punktprämien bei vielen Spielern eine Rolle. Grundsätzlich gilt aber, dass zu allererst das Sportliche zählt. Schauen wir uns doch die Bayern an. Dort müsste kaum noch einer Gas geben, weil alle im Prinzip ausgesorgt haben. Die geben jedoch weiterhin volle Pulle, obwohl sie sich theoretisch herausnehmen könnten, sich einfach hängen zu lassen. Es ist der Leitungsgedanke, für den wir Sportler uns quälen.

Nun hast Du ja noch einen weiteren Ansporn. Der Vertrag läuft im Sommer aus. Spielt das in solchen Situationen eine Rolle?
Für mich als Fußballer geht es darum, so gut und so hoch wie möglich zu spielen. Dafür muss ich meine Leistung zeigen. Wenn ich ein gutes Vertragsangebot bekomme – ob von Hansa oder einem anderen Klub – dann muss ich mich dafür vorher empfehlen. Die Grundvoraussetzung ist denkbar simpel: Ich muss in jedem Spiel und in jeder Minute mein Bestes für den FC Hansa abrufen.
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Nun lass‘  uns noch über die kommenden Aufgaben sprechen. Damit es nicht so weitergeht, wie zu weiten Teilen der Hinrunde, wurde ein neuer Trainer bestimmt. Was unterscheidet Karsten Baumann von Peter Vollmann?
Einen Unterschied macht es sicherlich, dass der Altersunterschied zwischen Karsten Baumann und uns Spielern überschaubar ist. Er sich vielleicht anders in unsere Rolle hineindenken kann, einfach, weil er vor ein paar Jahren selber noch aktiv gespielt hat.

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Spielt es im Abstiegskampf eigentlich eine Rolle, wie viel an einem Verein wie dem FC Hansa dranhängt? Wie viele Existenzen bedroht sind, für den Fall, dass der Klassenerhalt nicht gelingt?
Keiner von uns will daran beteiligt sein, wenn ein großer Fußballverein wie der FC Hansa Rostock durch einen Abstieg in der Versenkung verschwindet. Das wollen wir alle nicht.

Nun sei mir die Frage erlaubt: Was stimmt Dich optimistisch?
Die Stimmung ist vom Negativen zum Positiven gekippt. Durch die gute Vorbereitung hat sich neuer Mut eingestellt. Wir freuen uns, dass es wieder losgeht. Ich und alle anderen wollen beweisen, dass wir guten und erfolgreichen Fußball spielen können.

Gibt es denn noch diese Hoffnung, dass es sich schon irgendwie regeln wird, da man eigentlich doch gut genug sein müsste?
Es wartet ein ganz harter und steiniger Weg. Dem muss sich jeder bewusst sein.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.