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Ein Kieler Jahr im Zeitraffer – 11 Landmarken auf dem Weg nach oben

Wann begann der rasante Aufstieg der KSV Holstein? War es ein Ergebnis, das den Knoten platzen ließ oder war es die Folge vieler Rädchen, die sich nach und nach zum großen Ganzen einordneten? Wir blicken zurück.

Foto: calcio-culinaria.de

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Mai 2014: Darmstadt – Kiel: 1:3

Es wäre nicht mehr überraschend, wenn sich die Bilder von damals bald mit den Bildern von heute vergleichen lassen. Da Kiel gewann, den Klassenerhalt aus eigener Kraft festzurrte, übertrug der NDR Bilder von ausgelassen feiernden Spielern, Trainern und Verantwortlichen. Karsten Neitzel sagte: „Diese Mannschaft hätte den Abstieg auch einfach nicht verdient gehabt.“ Dann kündigte er an, dass es noch viel Potenzial gäbe, der geglückte Klassenerhalt nur der Anfang wäre. Wie richtig er mit dieser Aussage liegen würde – er hatte es wohl selbst geahnt.

21. Mai 2014: Bornemann geht – und hilft bei der Aussaat

Nach der Euphorie der Schock: Andreas Bornemann, der sportliche Gegenpart zu Wolfgang Schwenke in der Kieler Geschäftsstelle, verließ den Verein kurz nach Saisonende um sich Greuther Fürth anzuschließen. Was viele nicht wissen: Bornemann arbeitet trotzdem weiter mit Herzblut an der kommenden Mannschaft, er rät Karsten Neitzel unter anderem zu Torhüter Kenneth Kronholm. Rückblickend ebenfalls hervorzuheben: Als Kiel 13-mal in Folge nicht gewinnt, behält Bornemann die Ruhe, vertraut auf Karsten Neitzel. Das Kieler Märchen dieser Tage – es hätte schon beendet sein können, bevor es überhaupt das „Es war einmal“ gegeben hätte.

August 2014: BVB II – Kiel. Das insgeheime „Spiel“ der Hinrunde

Nach sieben Minuten steht es 2:0 für Dortmund. Kiel, dass das erste Spiel nur Remis gegen Unterhaching nur 0:0 gespielt hatte, kommt in der Anfangsphase überhaupt nicht in die Gänge. Dass das Spiel am Ende mit 2:2 ausgeht, ist der Lohn einer harten Energieleistung. Wie wichtig der gefühlt war, erzählte Karsten Neitzel ein paar Monate nach dem Spiel im Interview: „Dieses Spiel war ganz wichtig auf unserem eingeschlagene Weg. Verlieren wir, herrscht sofort wieder eine negative Stimmung. Die konnten wir abwehren.“ Ein paar Tage später, es ist die erste englische Woche im Terminkalender, besiegt die Kieler Spielvereinigung Holstein den FC Hansa Rostock.

1. September 2014: Danneberg wird verschifft

Im Jahr zuvor noch der Königstransfer, der die Kieler in der dritten Liga halten sollte. 15 Monate nach seiner Verpflichtung verlässt er Kiel wieder, am letzten Tag der Wechselperiode. Wie auf dem Wühltisch zum Ende des Sommer-Schluss.Verkauf. Warum? Darüber herrscht Stillschweigen. Erst bei seiner Wiederkehr deutete er an, warum es zum Wechsel kam – alles lässt auf interne Vorkommnisse schließen (Video im Link bei 10:15). Auch wenn Kiel nach dem Abgang noch dreimal nicht gewinnt – kurz nach dem Danneberg-Abgang explodiert die Mannschaft. Vielleicht, weil sich die personell überbesetzte Mittelfeldzentrale neusortiert, aus weniger Konkurrenzkampf Sicherheit gewinnt. Ein paar Wochen darauf wird die Kieler Doppel-Sechs zum Prunkstück im Kieler Spiel ernannt.

24. September: BIG Marlon ist zurück

Lange war Krause verletzt, seit dem 9. Spieltag war er nicht mehr in der Liga zum Einsatz gekommen. Am 11. Spieltag feierte er sein Comeback. Passend dazu startet Holstein Kiel den ersten von zwei großen Läufen der Saison. Wer sich Augen führen will, wie wichtig Krause für Holstein Kiel ist – bereits ein kleiner ein Blick in die Statistik genügt. 70 Punkte hat Holstein Kiel mit Krause in 33 Drittligaspielen geholt. Zum Vergleich: Ohne den 24-jährigen gab es 42 Zähler aus 41 Spielen. Heißt nach einfacher Mathematik: Spielt Krause, holt Kiel pro Spiel gesehen ein Punkt mehr. Das sind 38 Zähler pro Saison! Wahnsinn. Auch wenn im Fußball nicht alles mathematisch begründet werden darf – diese Zahlen sprechen für sich!

1. November 2014: Die Kieler Reifeprüfung – tanzende Verantwortliche

Sechs Wochen hatte die KSV Holstein nicht mehr verloren, zwölf Punkte hatte man sich mit drei Siegen und drei Remis erspielt. Dann kam Bielefeld. Wolfang Schwenke und Präsident Reime scherzten vor dem Spiel, deuteten beim Rundgang über das Kieler Gelände in Projensdorf an, im Falle eines Sieges zum Überraschungstänzchen in der Kabine bereit zu sein. Ob aus dem lockeren Flachs der spaßige Ernst wurde – aus der Holstein-Kabine ist wenig über den Sieg gegen die Arminia überliefert. Kiels Sieg gegen Bielefeld: Es war trotzdem ein Statement-Erfolg.

22. November: Pfostenglück – Kapitel 1

Kiel gegen Duisburg – es war ein zäher Kampf auf weichem November-Boden. Beide Teams stecken damals im Mittelfeldmief, den sich Kiel mit seiner Serie zuvor überhaupt erst hart erarbeitet hatte. Lange passiert wenig, Chancen gibt es wenige. Kiel ist trotz des Erfolges offensiv noch nicht wirklich potent, sorgt aber in dieser Phase der Saison dafür, dass es den Gegnern nicht viel besser ergeht. Am Ende bekommt Kiel das, was Duisburg dramatisch verwehrt bleiben wird- den glücklichen Lucky-Punch. Breitkreuz nickt in der 88. Minute ein, Albutat trifft für die Zebras in der 90. Minute nur Aluminium. Nachdem Spiel stehen beide Teams bei 28 Punkten.

20. Dezember: Die Parade der Saison

Für Karsten Neitzel war es ein wichtiges Spiel. Sportlich hatten sich die zuvor so furiosen Kieler abgekühlt, dreimal hatte man nicht gewonnen. Zuhause zum Jahresabschluss gegen den BVB II unterlegen. Die bis heute letzte Niederlage.

Zum anderen war der Trainer auch etwas nervös. Mit Ralf Heskamp stellte Kiel den neuen Sportdirektor vor. Für Trainer ist das nicht die leichteste Situation – das Fußballgeschäft mit der ganzen Kumpanei ist jedem im Fußballcircus bestens vertraut. Nicht ausgeschlossen, dass Heskamp andere Vorstellungen für den Trainerposten aus München mitgebracht hatte.

Am Ende wird es eine Gala für die KSV. Ein mitleiderregender FC Hansa Rostock wird mit 4:0 aus dem Stadion geschossen, mit 33 Punkten wird der Klassenerhalt bereits vor Weihnachten fest anvisiert. Der Rivale an der Ostsee, die langjährige unumstrittene Nummer 1 ist abgelöst, spätestens nach zwei Siegen und 6:0 Toren.

Aber war es wirklich so einfach? Nein. Zum Ende der ersten Halbzeit spielt der FC Hansen einen Angriff aus, der selbst Bundesligisten überrumpeln würde. Ein Traumball von Weidlich, ein fliegender Starke, der Volley nimmt – und die Parade der Saison (1,15). Kronholm rettet die 1:0-Führung und bricht die Moral des Gegners. Kiel geht nicht mir vier sieglosen Spielen in die Pause – sondern mit einem 4:0 über Hansa Rostock. Der erste Schritt für das tosende Fußballjahr wird bereits vor dem Jahreswechsel unternommen.

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7. Februar: Unspektakulärer Sieg in Cottbus – Spektakulärer Lauf

Der Kieler Sieg in Cottbus kommt überraschend, ist der mehrmalige Bundesligist doch favorisiert. Am Ende packt es Kiel in gewohnter Stärke: Hinten dicht, vorne einen reinwursteln. Da das Siegtor bereits in der Anfangsphase fällt, wird es für Cottbus ein besonders unangenehmes Spiel. Wenig kommt aufgrund der Kieler Defensivarbeit auf das Tor, und wenn ein Schuss durchkommt, steht Kronholm richtig. Dieses Spiel ist nur der Startschuss – in den Wochen darauf werden mit Dresden, Münster, Erfurt, Osnabrück und Wiesbaden fast alle Top-Teams der Hinrunde von Holstein Kiel besiegt. Am Stück!

27. Februar: Der Abend, an dem Kiel dank Boom-Boom-Kazior wusste, dass es aufsteigen kann.

Schon Ende Januar hat sich Kazior für einen Wechsel nach dem Saisonende entschieden. Werder Bremen bietet die Perspektive nach der Karriere und aus Kiel hört man, dass jeder den Wechsel verstehen könne, wenn man Kazior nur die Zeit gibt, den Abgang zu erklären. Trotz des nahenden Abschieds (im besten Fall macht er nur noch zwei Spiele) arbeitet der Kapitän an seiner Legende. Das Tor trifft er besser denn je, gegen Rot Weiß Erfurt, damals immerhin als Aufstiegsaspirant geführt, macht er es besonders schick. Sein 2:1 – ein Leckerbissen. Erfurt-Trainer Kogler gab sich ob der ersten Rückrundenniederlage geschockt: „Das hätte noch höher ausgehen können.“ Wolfang Schwenke schwärmte dagegen von einem „fantastischen Fußballabend.“ Und auch Karsten Neitzels Kopf schüttelte nicht mehr allzu schnell hin und her, wenn nach diesem Abend das Stichwort Aufstieg fiel.

25. April: Pfostenglück – Kapitel 2

Kiel hatte gegen die Abstiegskandidaten aus Regensburg, Großasbach und Mainz II gut gepunktet, wirkte aber nicht mehr so souverän wie noch in den Vorwochen. Auch in Halle machte man erst nach einem Rückstand das wichtige 2:2-Remis fest. Das Spiel gegen ein formstarkes Chemnitz kam demnach einem Schlüsselspiel gleich: Verspielt Kiel nach den Siegen gegen die Top-Teams ausgerechnet gegen das Mittelfeld? Es wurde ein intensiver Fight gegen ein Team, dass einige Experten für das kommende Jahr als Aufstiegsfavoriten erspäht haben. Kiel erkämpfte sich ein 2:1 – dann kam die Schlussphase und die Pointe des Spiels. Pfostenkopfball Röseler, Markus Ziereis setzte den Abpraller aus zwei Metern über die Latte. Es war für ein Fehlschuss für zwei Kieler Punkte.(9.16) Neitzel nach dem Spiel: „Es ist eine Phase, in der wir auch das nötige Glück haben.

Fortsetzung folgt. Morgen. In Duisburg.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.