
Neitzels Psychotrick zeigte Wirkung
Holstein schlägt Hansa mit Teamgeist und einer Einwechselung, die nur so vor Esprit sprudelt. BTB war für euch vor Ort, gibt euch einen kurzen Bericht und sprach mit Tim Siedschlag über ein bestimmtes Mertesacker-Video, dass sinnbildlich für den Kieler Erfolg gegen Hansa Rostock stand.
Foto: noveski.com
Mittwochabend, 20.15 Uhr, Holstein-Stadion. Das Fluchtlicht brannte noch schemenhaft im Kieler Abendhimmel, als Holstein-Trainer Neitzel den Sieg in Person von Patrick Breitkreuz einwechselen sollte. Den Spieler, den er trotz des Tor-Erfolges von Dortmund ziemlich überraschend aus der Mannschaft herausrotiert hatte. Kapitän „Rafa“ Kazior, am letzten Wochenende noch Bankdrücker, bekam stattdessen die Startelf-Rolle von Karsten Neitzel zugesprochen. Ein Schachzug, der sich auszahlen sollte.
Kiel stand durch die Kazior-Hereinnahme gerade im Zentrum kompakter, verhinderte dadurch, dass der Rostocker Spielfluss auf die offensiven Außen getragen wurde, sondern bereits in der ersten Anlaufphase entscheidend ins Stocken geriet. Kiel gewann viele Bälle, spielte körperlich präsenter, blieb aber auch wegen der defensiveren Grundausrichtung mit weniger Flügelunterstützung im Abschluss fade und ungefährlich. Hielt dafür die Rostocker bis auf eine Ausnahme vom eigenen Tor fern, raubte so Spiellust und phasenweise auch den Willen der Vollmann-Elf.
Rostock agierte nachdem Pausentee zwar etwas druckvoller, operierte und versteifte sich aber weiterhin auf lange Bälle. Das Kieler Defensivkonzept, bereits im Mittelfeld mit hohem Pressing agierend, ging nach wie vor auf. Dann aber, spielte das Glück und der Riecher von Karsten Neitzel die entscheiden Rolle.
Marc Heider, sich zuvor leicht anschlagen über den Rasen mühend, wurde durch Patrick Breitkreutz ersetzt. Eine Geschichte, die für sich sprechen sollte. Breitkreutz traf wenige Augenblicke nach der Einwechslung, erwies sich als wahrer Glücksgriff. Ein siegbringender Umstand, den auch Team-Kollege Tim Siedschlag gegenüber BLOG-TRIFFT-BALL ansprach: „Die Einwechslung von Patrick war schon das Zünglein an der Waage.“ Der Kieler Flügelflitzer, zum Saisonauftakt noch als Abwehraußen eingesetzt, formuliert sinnbildlich für die gesamte Mannschaft weiter: „Das Spiel hat doch bestens gezeigt, dass jeder Spieler wichtig ist. Egal, ob von der Bank oder auf dem Platz. Viel wichtiger, als die beleidigte Leberwurst zu spielen, ist es doch, die Mannschaft auf und neben den Platz zu unterstützen. Das ist uns als Mannschaft wieder einmal sehr gut gelungen.“
Eindrucksvolle Worte, die Trainer Karsten Neitzel besonders gefreut haben dürften. Der gebürtige Dresdner hatte noch in der Vorbereitung der Mannschaft ein Interview von Per Mertesacker nach dem WM-Viertelfinale gegen Frankreich gezeigt. Mertesacker, frisch und überraschend als Stammkraft degradiert, beschwur in diesem Eindrucksvoll den Teamgeist und die eminente Rolle der Reservisten. Ein Psychotrick Neitzels, der den Anschein nach Wirkung zeigte.
Schließlich stellte auch der stets agile und wuchtige Leih-Stürmer Saliou Sane die Mannschaft in den Vordergrund. Für den robusten Stürmer lagen die Ursachen des Derby-Erfolgs klar im Zusammenhalt der der Förde-Elf: „Heute hat alles gepasst. Wir haben gekämpft und alles herausgeholt. Wir waren als Mannschaft einfach geschlossen da.“
Eine Mannschaft, die den Rostocker Gast niederrang. Die vielleicht individuell etwas talentierteren Mecklenburger wurden von den eingeschworen Kielern auseinander gerieben, verloren sich immer wieder in Zweikämpfen. Lediglich in der Drangphase nach dem 1:0 schlidderte Kiel in eine kritische Phase, wurde von Rostocks nun zielstrebiger Offensive mehrmals in Verlegenheit gebracht. Ausgleichschancen erstickten jedoch in den Handschuhen des starken Kronholms, der sich das Adjektiv „herausragend“ redlich verdient hatte.
In Situationen, in der das Glück auf der Kieler Seite zu finden war, wie Spielentscheider Sane ergänzte: „Wir hatten am Ende natürlich auch das Quäntchen Glück, das man braucht, aber das haben wir uns hart erarbeitet und so gehen wir als Sieger vom Platz.“
Strahlen durfte vor allem Karsten Neitzel, der sich ruhigen Gewissens mit zu Breitkreutz und Sane auf das imaginäre Podium der Matchwinner gesellen durfte. Die mutige Rotation im Mittelfeld, das Wechselglück in der 60. Minute und die positive getrimmte Stimmung innerhalb der Mannschaft, zogen bemühten Rostockern letztendlich den Zahn.
Ein Sieg, der Mut macht. Nicht nur für den nahenden Samstag in Stuttgart, sondern auf die gesamte Saison bezogen.