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herr göttling, ein gläschen?

lutz_goettling

Anfang des Jahres hätte Lutz Göttling geschmunzelt. Trainer beim SC Victoria, undenkbar. In dieser Woche beherrschte sein Wechsel zum Dauermeister die Schlagzeilen. Selten hat der 40-Jährige seinen Namen so oft in den Medien gelesen. Dabei läuft es aktuell alles andere als rund. Göttling im Gespräch: „Ich war noch nie so schlecht wie jetzt.“ Doch dazu später mehr.

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Eigentlich war ein gemeinsames Glas Rotwein angedacht. Immerhin sitzen wir an der Hoheluft. Und deren ehemaliger Trainer Bert Ehm (VIDEO | Ein Abend mit Bert Ehm) wusste so einen edlen Tropfen zu schätzen. Lutz Göttling setzt auf die verträgliche Apfelschorle und genießt den plötzlichen Moment der Ruhe.

Für wenige Minuten relaxt er in der holzigen Ecke in der Victoriaklause. Fast würde man ihn nicht bemerken, den neuen Trainer des SC Victoria. So unauffällig sitzt er da – und denkt sich wohl: Leck mich am Arsch, was waren das für Tage!

Wir wollen ihn kennenlernen. Wie muss Fußball für ihn sein? Was für ein Mensch ist er? Und warum säuft er nicht mit? Immerhin gibt es einen Grund zum Feiern. Und eine bis oben hin gefüllte Rotweinwanne kann an einem Dienstagabend nicht im totalen Alleingang geleert werden. Oder doch? (Insider! „Harry, du wärst stolz auf mich gewesen!!“)

Herr Göttling, sind Sie ein guter Trainer?

Herr Göttling, sind Sie ein guter Trainer?

Oh, der erste Fauxpas naht. Diese Einstiegsfrage war dumm. Es scheint, als wolle er darauf nicht antworten. Sekunden vergehen, ehe er ein leises „Ja“ über die Lippen bringt. Dann schiebt er diplomatisch nach: „Aber ich möchte mal ein sehr guter Trainer werden.“

Okay. Kurswechsel. Göttling braucht ein Thema zum Warmwerden. Ein Griff in die ganz uralte Fragekiste muss her. Der Klassiker soll es richten. Herr Göttling, ihre bisherigen Stationen bitte. Es klappt. Es geht los.

Göttling berichtet, dass er es als reifer Teenager über die Niedersachsenauswahl zum Schwergewicht Eintracht Braunschweig schaffte. „Ich war 18, war Vertragsamateur und durfte immerhin in der Zweiten ran. Damals hatten es junge Spieler einfach viel schwerer als heute. Und: Bei den Profis waren Piet Wiehle und Ronald Lotz.“

Juuhuu! Die anfängliche Anspannung purzelt. Göttling macht weiter. „Bei Testspielen in der Provinz durfte ich auch mal bei den Profis ran. Da habe ich Ronald kennengelernt, den ich jetzt schon 20 Jahre kenne.“

Mit dem Durchbruch will es beim begabten Göttling trotzdem nicht klappen. Er entscheidet sich für eine Rückkehr in seine Heimat. Nordharz. VfR Langelsheim. Es folgen zwei weitere Jahre beim Wolfenbütteler SV, ehe es im Jahr 1994 in den Norden nach Hamburg geht.

Göttling startet für den Großhändler „Croonen“ (Fliesen und so) als technischer Kaufmann. Heute ist er Geschäftsführer. Und Göttling schnürt im selben Jahr wieder die Schuhe. Unter Bert Ehm. Für den Barsbütteler SV.

„Man kann nicht sagen, dass Lutz eine Art hat, Fußball zu leben – Fußball ist sein Leben! Das trifft es. Als Trainer sieht er in den Spielern nicht nur den Fußballer, sondern immer den Menschen. Es macht ihn glücklich, wenn er einigen „seiner Jungs“, insbesondere den jungen Talenten, sportlich eine Perspektive aufzeigen und ihnen auch in anderen Belangen mit Rat und Tat zur Seite stehen kann.“ Katrin Göttling, die Ehefrau

Später holt Marc Fascher Lutz Göttling zum SC Concordia. 1998 reißt das Kreuzband. Für Göttling das Ende der aktiven Laufbahn.

Das Fußballgeschäft lässt den ehrgeizigen Göttling trotzdem nicht los. Bereits mit 30 sitzt er auf der Trainerbank. Sein alter Verein, der Barsbütteler SV, braucht sein Können und profitiert. „Wir hatten ein Budget von 20.000 Mark und sind trotzdem von der Hansa-Staffel in die Verbandsliga aufgestiegen.“

Nach einer sechsjährigen Amtsdauer in Barsbüttel gelingt im Sommer 2007 der Wechsel zum ambitionierten Meiendorfer SV. Es folgen zwei Vize-Meisterschaften und ein fünfter Platz im Vorjahr.

Herr Göttling, wo sehen Sie ihre Stärken?

Die Fachkräfte in der Hamburger Oberliga eint seither die Meinung: Göttling ist ein Guter, hat A-Lizenz wie man heute sagt und gilt als Mann der modernen Formen. Sein Vorbild: Robin Dutt – der Trainer aus dem Breisgau. Passt zu Göttling. Finde ich.

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Herr Göttling, wo sehen Sie ihre Stärken? „Ich bin kein autoritärer Typ. Ich bin kommunikativ, tausche mich unheimlich gerne mit Spielern und dem Funktionsstab aus. Ich bin kein lauter Trainer. Ich bin eben kein Entertainer.“

Verstanden. Bert ist also Entertainer. „Nein, nein. Das will ich damit nicht sagen“, entschärft Göttling sofort. Besser so.

Im zweiten Teil: Göttlings Ansichten in puncto dritte Halbzeit. Göttlings Spionage beim Hamburger SV und Göttling der Süchtling.

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.