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Carsten Jancker im BLOG-TRIFFT-BALL-Interview

Carsten Jancker ist Deutscher Meister, Championsleague-Sieger, Vize-Weltmeister und was nur wenige wissen: Ein Nordlicht. BLOG-TRIFFT-BALL bekam ein seltenes Interview des Grevesmühlener. Wir sprachen über: Hansa, Bayern München, aktuelle Aufgaben, alte Teamkollegen und die Lieblingsband.

Foto: © GEPA Pictures / SK Rapid

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Hallo Herr Jancker, schön dass Sie sich in Wien für uns Zeit nehmen. Apropos Wien: Was machen Sie bei Rapid eigentlich genau?
Ich bin bei der Rapid in zwei Positionen tätig. In der Position des Sportmanagers bin ich im Jugendbereich aktiv, bei der ersten Mannschaft bin ich als Co-Trainer Mitglied des Trainerteams.

Das heißt, Sie arbeiten eher in der 2. Reihe. Möchten Sie irgendwann wieder in die 1. Reihe als Cheftrainer rutschen?
Das steht momentan nicht zur Debatte. Ich bin glücklich mit meinen Aufgabenfeldern und wir haben einen großen Weg vor uns und wollen uns als Mannschaft, aber auch als Trainerteam weiterentwickeln.

Wien, München und Norditalien machten lange Jahre Ihrer Karriere aus. Dem Mecklenburger scheint es ja in den Bergen sehr gut zu gefallen.
Naja, rein geographisch muss man festhalten: Die Stadt Wien ist jetzt nicht so von Bergen umringt, wie man es sich bei Österreich vielleicht vorsellt, das nur als kleine  Information für alle Mecklenburger. Ich selber fühle mich in Wien jedoch nicht nur wegen meines Berufes zuhause, sondern weil ich auch mit einer Wienerin verheiratet bin.

Vor 22 Jahren verließen Sie die Jugendabteilung des FC Hansa in Richtung Köln. Gibt es nach so langer Zeit überhaupt noch Bezugspunkte in die alte Heimat?
Die sind mit der Zeit natürlich etwas weniger geworden. Dennoch habe ich alleine schon durch meine Eltern einen großen Anreiz ab und an nach Mecklenburg-Vorpommern zu kommen, was ich auch noch sehr gerne mit großer Freude tue.

Wie sieht es mit Ihrem Verhältnis zum FC Hansa aus. Spielte der Verein während Ihrer Weltkarriere eine Rolle, oder war der Klub für Sie nur eine regionale Durchlaufstation?
Regionale Durchlaufstation hört sich etwas blöd an. Ich würde es eher als sehr wichtige Zeit beschreiben. In meinen Jahren in der Jugendabteilung des FC Hansa habe ich nicht nur sportlich viel erlernt, sondern auch menschliche Erfahrungen hinzugewonnen. Die Zeit in Rostock, sowohl sportlich, als auch schulisch, hat mich definitiv stark geprägt.

Im Sommer fährt Ihr Verein zum Stadion-Jubiläum in die Hansestadt. Haben Sie beim Zustandekommen eine Rolle gespielt?
Es ist natürlich eine interessante Konstellation, allerdings war ich in den Planungsprozessen nicht wirklich involviert.

Um langsam in Richtung des Bayern-Kapitels zu steuern:  Stimmt eigentlich die Geschichte, dass Ihre ehemalige Englischlehrerin, Frau Jarohs, die nach der Wende als Journalistin arbeitete, Sie später in München besuchte und interviewte?
Ja, die Geschichte stimmt. Nur war das nicht direkt in München, sondern sofern ich mich richtig entsinne, im Trainingslager am Tegernsee. Die Konstellation war schon etwas merkwürdig, aber doch sehr nett.

Waren Ihre Fragen denn immer noch so gefürchtet wie im Englischunterricht?
Na, der Englisch-Unterricht war schlimmer. (lacht)

Wie schwer war damals die erste Zeit beim FCB? Gab es vielleicht einen Mitspieler, der sie stark unterstützt hat?
Sie war schwer, aber auch angenehm. Der FC Bayern ist ja für jeden jungen Spieler eine Herausforderung. Ich hatte das Glück, dass sich mein damaliger Trainer Giovanni Trappatoni sehr intensiv mit mir beschäftigt hat. Wir haben einige Extratrainingseinheiten zusammen absolviert und nicht nur im Sport, sondern von ihm als Menschen, konnte ich viel lernen.

Beim dramatischen Finale von Barcelona scheiterten Sie damals denkbar knapp an der Entscheidung. Ist diese Szene bei Ihnen immer noch präsent, oder überstrahlt der Triumph von Mailand gegen Valencia die dunklen Erinnerungen aus dem Jahr 1999?
Ich glaube jeder hat gesehen, wie sehr uns diese Niederlage schmerzte. Diese Szenen blieben natürlich in der Folge im Hinterkopf, doch hat der  Champions-League Gewinn zwei Jahre später vieles verändert. Nicht nur wegen dem Titel, sondern vor allem, weil wir fast mit der identischen  Mannschaft wie zwei Jahre zuvor aktiv waren. Zwar ist Barcelona ’99 immer noch nicht ganz vergessen, doch ist der Triumph von 2001 deutlich präsenter.

Eines ihrer Karriere-Highlights war bestimmt auch die WM-Teilnahme 2002 in Japan und Südkorea.
Ich war immer stolz darauf  in der Nationalmannschaft zu spielen. Ich wollte immer auch Weltmeister werden, wenngleich sich mit der Teilnahme an der WM schon ein sehr wichtiges Ziel erfüllt hatte. Durch das verlorene Finale hat dann natürlich das i-Tüpfelchen auf einer sehr guten WM gefehlt. Nichtsdestotrotz war es einer der großen Höhepunkte in meiner Laufbahn.

Zur tragischen Gestalt avancierte ja damals Oliver Kahn. Wie hat die Mannschaft den Titan damals aufgefangen?
Der Titan hat sich selbst aufgefangen, weil er einfach so ein Typ war, der das mit sich selbst ausmachen wollte. Von uns als Mannschaft kamen überhaupt keine Vorwürfe, denn eines war ja vollkommen klar: Ohne ihn, wären wir damals nicht ins Finale gekommen.

Ein anderer Teamkollege von Ihnen war ja Jens Jeremies. Dieser machte ja vor zwei Jahren Schlagzeilen, als die „Toten Hosen“ in seinem Keller spielten. Waren Sie eingeladen?
Nein, ich war damals nicht vor Ort. Aber ich glaube wir können uns sicher sein, dass der Jerry jede Menge Spaß mit den Jungs hatte.

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Wenn nicht die „Hosen“, welche Interpreten wären denn im Hause Jancker willkommen?
Oh, das ist eine gute Frage. Ich glaube, die Jungs von „Depeche Mode“ wären im Hause Jancker sehr gerne gesehen. Bei der Bezahlbarkeit könnten dann jedoch die ersten Probleme auftreten.

Nach der WM war ja ein gewisser Karriereknick bei Ihnen zu registrieren. Gab es damals zu einem Zeitpunkt die Option, in den Norden zurückzukehren –  oder stand das nie zur Debatte?
Nach der Weltmeisterschaft habe ich nicht mehr zu meiner alten Verfassung gefunden, das stimmt schon. Eine ernsthafte Option zurück in den Norden zu gehen, beispielsweise zum FC Hansa, gab es jedoch nicht.

Herr Jancker, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.