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Ahlschwede: „Ich wusste, dass ich gebraucht werde“

Wieso es in Wiesbaden nicht geklappt hat? Welche Nachteile ein Stammplatz hat? Und welche Wette er mit Trainer Karsten Baumann abschloss? Wir sprachen mit Hansas Maximilian Ahlschwede.

Foto: Sebastian Heger

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Herr Ahlschwede, vor einem Jahr kannten Sie in Rostock kaum jemand, nun mag man sie nicht mehr wegdenken. Können Sie die Entwicklung begreifen?
Ich habe immer auf meine Stärken vertraut und an mich geglaubt. Auch, als es nicht lief. Aber es ist schon richtig. Wenn man das letzte halbe Jahr Wiesbaden mit der Zeit bei Hansa Rostock vergleicht, sind die Unterschiede enorm.

Wieso hat es in Wiesbaden nicht geklappt?
Es gab einige Gründe. Da waren die vielen kleinen Verletzungen, die mich immer mal wieder gebremst haben. Dadurch hat mir häufig die Spielpraxis gefehlt. Und wenn du nicht spielst, ist es sowieso schwerer, das Vertrauen vom Trainer zu spüren.

In Rostock lief es für Sie von Beginn an richtig gut. Ist man den Verantwortlichen dankbar, dass man von ihnen eine neue Chance bekommen hat?
Ich will es mal so sagen: Es ist für mich schon vieles ganz gut gelaufen. Und natürlich ist man dankbar, wenn man eine Chance erhält. Man sich beweisen darf. Allerdings hoffe ich inständig, dass nicht nur ich mit dem Transfer zufrieden bin.

Es gab das Gerücht, dass die Fahrgemeinschaft Jänicke-Ahlschwede den Wechsel begünstigt hat.
Tobi hat mich ab und an mit in den Norden genommen, wenn er mit seiner kleinen Familie in die Heimat gefahren ist. Er hat mir auch immer mal wieder von Hansa vorgeschwärmt. Im Endeffekt wäre ich aber auch ohne Tobis Tipps nach Rostock gegangen.

Warum?
Es war ein interessantes Angebot. Und eine Chance. Gerade weil der Verein so tief unten stand, wusste ich, dass ich gebraucht werde.

Wie wichtig ist Ihnen das Vertrauen des Trainers? Sie sprachen es eingangs an.
Es hilft, wenn man seine Leistungen bringen will. Es gibt die nötige Sicherheit. Wenn du nicht spielst, dir also nicht vertraut wird, dann gibt es dir einen Knacks. Du bist frustriert. Nicht nur im Sport, sondern auch im Privatleben.

Nun kann man sagen: Sie sind in der besten Phase deiner Karriere.
Das klingt ganz schön traurig, wenn man das als Drittliga-Spieler hört. Aber ganz ernsthaft: Man kann das so stehen lassen. Ich habe mich in der Dritten Liga etabliert und mich verbessert. Aber natürlich will ich noch stärker werden, vielleicht auch höherklassiger spielen. Im Grunde ist es eine schöne Bestandsaufname, diese beste Phase. Aber ich hoffe, dass bald eine noch bessere folgt.

Dabei sah es für Sie im Sommer nicht gut aus. Sie bekamen durch Markus Gröger Konkurrenz. Auch wegen einer doofen Roten Karte.
Ich muss dazu sagen: Zunächst hat mich der Platzverweis von Dresden nicht so extrem gewurmt. Da gab es die Klassenerhaltsfeierlichkeiten, dann der Urlaub. Erst mit dem Trainingsauftakt wurde mir mehr und mehr bewusst, was ich mir eingebrockt hatte. Ich bekam in der Vorbereitung auch nicht die Einsatzzeiten, die ich gerne gehabt hätte. Wobei es verständlich war, dass Markus mehr spielte. Es war ja klar, dass er zu Beginn spielen würde. Demnach konnte ich das verstehen. Geärgert habe ich mich trotzdem. Am meisten über mich und den sinnlosen Platzverweis.

Die meisten Spieler sagen: Konkurrenzkampf ist gut. Er macht einen stärker. Sind das Floskeln oder meint ihr Spieler das ernst? Immerhin ist ein sicherer Stammplatz doch viel verlockender.
Wenn man sich gegen die Konkurrenz beweisen muss, ist die Gefahr geringer, dass du stagnierst. Das ist mit das Schlimmste, was dir passieren kann. Stagnieren. Auf der anderen Seite fühlt man sich als gesetzter Spieler wohler.

Übersetzt heißt das: Konkurrenzkampf macht nur Spaß, wenn man eigentlich gesetzt ist?
So kann man das sagen.

Was imponiert: Sie laufen, laufen und laufen. Waren Sie schon immer ein guter Läufer?
Es hat mir tatsächlich schon immer gelegen und Spaß gemacht.

Ist es Ihre größte Stärke?
Ich würde das gar nicht so hochhängen. Wenn ich auf dem Platz stehe, habe ich nämlich nicht den Eindruck, dass ich wirklich so viel mehr laufen würde als meine Teamkollegen.

Wer ist denn der schnellste Spieler im Team?
Das kann ich nicht mehr genau beantworten. Seitdem Michael Gardawski da ist, liefern wir uns ein Kopf an Kopf Rennen. Manchmal auch nach den Trainings. Da tragen wir gelegentlich ein Rennen aus. Meistens ist es ganz knapp.

Was laufen Sie über 100 Meter?
100 Meter bin ich schon lange nicht mehr auf Zeit gelaufen. Meistens laufen wir 30 Meter. Da schaffe ich 3,9 Sekunden.

Sie können ausdauernd laufen und sprinten. Welche Stärke hätten Sie gerne?
Ich würde gerne mal ein Tor schießen.

Das ist Ihnen schon lange nicht mehr gelungen.
Genau. Ich habe erst ein Tor im Herrenfußball erzielt, irgendwann in der Regionalliga. Ansonsten sieht es tatsächlich mau aus. Aber ich komme auch nicht oft in die Situation, ein Tor machen zu können. Oder mir kommt es zumindest so vor. Manchmal sagen mir die Teamkollegen nämlich, ich könnte auch ruhig mal selbst abschließen. Ich frage mich dann: Wann denn?

Ihr Teamkollege Christian Dorda hat es vorgemacht.
Das Tor habe ich mir noch ein paar Mal auf dem Computer angesehen. Meine absolute Hochachtung, wie er den mit seinem schwächeren Fuß genommen hat.

Was verwundert: Warum schießt ein Spieler, der selten schießt und noch weniger Tore macht, im DFB-Pokal einen Elfmeter.
Der Trainer hat mich beim Abschlusstraining gefragt, ob ich schießen würde, wenn es so weit käme. Ich habe ja gesagt. Dann hat er mir eine Wette angeboten.

Die beinhaltete was?
Er sagte, wenn ich den Test-Elfmeter im Training verwandele, dürfte ich Abends im Fall der Fälle ran. Wenn nicht, sollte ich 100 Euro in die Mannschaftskasse zahlen. Zum Glück habe ich getroffen.

Das klingt nach Spaß. Ist das auch die Stimmung in der Mannschaft?
Die hat sich sehr schnell eingestellt. Was mich auch etwas überrascht hat. Normalerweise braucht sowas eine Weile. Bei uns hat es in diesem Sommer sehr schnell harmoniert.

Ich habe gehört, der Spaß hört auf, wenn Sie Uno spielen. Sie sollen ein Uno-Experte sein.
Das ist sicherlich übertrieben. Aber unsere Uno-Runde auf Auswärtsfahren ist schon sehr unterhaltsam. Ab und an spielen wir auch um Geld, dann ist es noch spannender. Aber in der Regel steht der Spaß im Vordergrund.

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Was ich noch gehört habe: Sie sind in Rostock auf den Hund gekommen.
Das ist nicht ganz richtig. Ich habe mir zwar ein Hund gekauft, aber noch ist er bei meinen Eltern und genießt dort das Leben. Ich kann mir aber vorstellen, dass ich ihn bald mit nach Rostock nehme.

Es mag sich komisch anhören: Aber ist es für einen Profifußballer nicht schon etwas Besonderes, sich einen Hund anzuschaffen?
Ja, so ungefähr. In Wiesbaden wäre das für mich zum Beispiel nicht möglich gewesen. So ein Welpe braucht viel Pflege. Ich alleine hätte das nicht hinbekommen. Im Norden passt das hingegen mit meiner Familie.

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Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.