BTB-Besuch beim Fussicamp auf Malle
Es ist ein bisschen wie die Kinderstation im Ikea: Abgeben, Ausruhen, Abholen. Nicht wenige Jungeltern nutzen ja mittlerweile den großzügigen Schweden-Service für seltene Zweisamkeit. Auf Mallorca wird der Nachwuchs ins „Fussicamp“ gesteckt. BTB war bei einem Trainingstag in Cala Millor dabei – und musste ins Tor.
„Innenseite, Außenseiter, ganz locker“, startet Fußballtrainer Michael Busse seinen sonnigen Arbeitstag an der Seite von circa zehn zehnjährigen Kickern. Leon, Noah, Marlon, Simon, Marco und ähnlich heißen die quirligen Knaben heute, die eigentlich mit Mama und Papa Urlaub auf Mallorca machen sollten.
Machen sie aber nicht. Denn Frisbeewerfen am Strand steht bei Weitem nicht so hoch im Kurs, wie Dribblings trainieren und Freistöße schießen. „Mein Vorbild ist Götze“, sagt einer. „Ich find‘ Neymar am besten“, sagen zwei andere.
Als die jungen Jungs, allesamt farbig beschuht, schwärmend das internationale Who-is-Who vorsingen, baut der 40-jährige Busse den Trainingsparcour. Viele Hütchen, eine Koordinationsleiter und kleine Kegel zieren um 9.50 Uhr das Grün in Cala Millor. „Wie bei einem Profiverein“, murmelt ein Vater aus Hessen stolz und steppt Sekunden später zu seinem Rennrad und braust glücklich davon.
DIE FUSSI-CAMPS AUF MALLORCA
Drei Stunden hat Daddy nun kindfreie Zeitzone. Denn Busses Camp-Konzept nutzt den doppelten Glückseffekt. Die Touri-Kids gehen kicken. Die Eltern dürfen für sich sein. Auch HSV-Trainer Thorsten Fink lädt seine Söhne Benedikt und Julius regelmäßig auf den Fußballplätzen im Osten der Insel ab, wenn er auf Ausspannkurs Erholung sucht.
Es ist kurz nach zehn, Leon und seine Trainingskollegen traben in einheitlichen T-Shirts die ersten Bahnen mit Ball über den Platz. Die einen stolpern. Die anderen haben schon etwas Gefühl im Fuß. Und der Kleinste, heute Noah, sorgt sich in erster Linie um seine offenen Schnürsenkel. Egal. Es warten ja noch 170 Minuten.
Und die sind vom Trainer Busse geplant. Der Mann, Ende 30 Anfang 40, ausgestattet mit B-Lizenz und einer braungebrannten mallorquinischen Glatze, verbringt viel Zeit auf und neben den Fußballplätzen, um seinen jungen Camp-Teilnehmern nachhaltige Trainingseinheiten zu liefern. „Viele Kids wissen ja nicht einmal, dass sie einen linken Fuß haben. Bei uns wundern sie sich dann, dass sie mit beiden Beinen ranmüssen“, erzählt er. Sein üppiges Programm: Eine Woche lang Fußballtraining. Jeweils Vormittags für ungefähr drei Stunden. Basierend auf Lehrplänen des DFB. Die Folge: Den Talenten gefällt’s. Und zwar mal richtig. „Es gab auch schon Kinder, die haben plötzlich ihren 14-tägigen Urlaub komplett bei uns verbracht.“
2009 legte Busse mit dem Fußballcampen in Santanyi los. Kürzlich kam die ehemalige Rudi-Völler-Fußballschule in Cala Millor dazu. Wenn sehr viele Eltern sehr viele Kinder zum Üben auf den Platz schicken, kümmern sich heute schon mal bis zu zehn Trainer um die Kleinen, die oft zwischen 8 und 14 Jahre alt sind. Alle halbe Stunde wird das durchaus anstrengende Training unterbrochen. Dann gibt es Wasser, einen Apfel und manchmal sogar eine Banane.
Die beißende Hitze, hier juckt sie irgendwie niemanden. Denn viele von den Jungs spielen in der Heimat in einem Verein und wollen auch im Urlaub nicht auf die geliebte Pille verzichten. „Seit seinem vierten Lebensjahr spielt er Fußball. Und das jeden Tag“, erzählen sich die Eltern im Einklang, während vor ihnen Chefblogger Semmler in den Kasten stampft und wenig später einige Beinschüsse oder Lupfer über sich ergehen lassen muss. Etwa 20 Minuten dauert diese Torwarttragödie.
Danach: Coach Busse hat ein Speed-Messgerät hinter das Tor gestellt, das im Sekundentakt die Schussgewalt anzeigt. 33, 54, 63 zeigt das Gerät häufiger an. Der Beste schafft 78. Doch gewonnen haben an diesem Dienstag – natürlich Alle. „Hat wieder Spaß gemacht“, finden Leon, Noah, Marlon, Simon, Marco als sie in der Mittagssonne von den Eltern vom Platz gezogen werden. Ausruhen ist nämlich angesagt. Denn morgen geht’s schon weiter.