„Kein Gerät der Welt hätte meinen Puls messen können“
Ein Junge vom Dorf betritt die Bundesligabühne: Janek Sternberg, 22, gab am 13. Spieltag gegen Paderborn sein Debüt für die Bundesligamannschaft des SV Werder Bremen. BLOG-TRIFFT-BALL beguckt den Weg dorthin.
Es war ein Tag, den er nie vergessen wird. Wie ein Duracell-Hase rannte er auf seiner linken Seite immer wieder auf und ab. Er war der Mann, der wie ein Wildgewordener am häufigsten lossprintete. Die Rede ist von Janek Sternberg. Knapp zwölf Kilometer riss der gebürtige Leezener an diesem Nachmittag ab. Mit 22 Jahren hat der Youngster endlich die große Bühne Bundesliga erreicht. Und das, obwohl keiner so richtig mit ihm gerechnet hat.
Vom Dorf in die Stadt
Angefangen als kleiner Lütter beim Leezener SC, wo er bis zur C-Jugend blieb, ging es über den SV Eichede zum großen HSV. „Schon damals waren wir hier im Dorf sehr, sehr oft bolzen“, erzählt Oliver Zebold, ein enger Freund des Werder-Jungprofis, der ihn seit frühester Kindheit kennt. Der Straßenfußballer Sternberg, so wie Zebold ihn bezeichnet, musste sich 2007 zum ersten Mal ordentlich umschauen. Denn wie er selber auch, befanden sich beim Hamburger SV nur hochkarätige Talente, die in der hanseatischen Talentschmiede geschliffen werden sollten, um in ferner Zukunft den Sprung ins Profigeschäft zu schaffen.
„Ich habe schnell gewusst diesen Kampf anzunehmen.“
Der Junge vom Dorf bekam in dieser Zeit erstmalig den rauhen Kampf unter Konkurrenten am eigenen Leib zu spüren. Ganz anders als bei seinen vorherigen Stationen. Im leistungsorientierten Jugendfußball werden schon seit jeher die bekannten Ellbogen ausgefahren. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, mit welchem sich der damals 16-Jährige erst arrangieren musste.
„Es war gleich von Beginn an zu merken, dass die Jungs, die dort spielten, nicht nur zum Spaß da waren“, erinnert sich Sternberg. Eine Vielzahl an Mitstreitern und Kollegen hatten schon damals das Ziel Bundesliga vor Augen. Der Konkurrenzkampf war deshalb enorm und innerhalb des Gefüges zu spüren. „In dem Bereich war es noch eine Steigerung beim HSV“, sagt der Linksfuß.
Doch wie das eben im Fußballbusiness so üblich ist, musste jeder einzelne Akteur den Kampf annehmen und sich diesem stellen. Letzten Endes ging es darum, die Meute zu begeistern, die im Falle des Janek Sternbergs seine Trainer waren. „Ich habe schnell gewusst diesen Kampf anzunehmen“, so der 1,82m große Junge aus Schleswig-Holstein. Egal ob in der U17 oder U19 oder der Reservetruppe des HSV, er wusste zu überzeugen und war ein fester Bestandteil der hinteren Abwehrreihe.
Eine tolle Zeit beim HSV
Insgesamt sechs Jahre lang schnürte der variabel einsetzbare Sternberg die Schuhe für den Hamburger Klub. Eine Zeit, die er „niemals vergessen“ wird, wie er zwischen den Zeilen immer wieder betont. Sportlich erfolgreich, bereiste der Dorfjunge fortan die Welt. Von Osnabrück über München bis nach Abu Dhabi.
Dies waren alles andere als Reisen, die ein Geschäftsmann tätigt, um Verhandlungen zu führen. Es waren in der Hauptsache Herzensangelegenheiten, denn es handelte sich um Fußball. Das Hobby, welches er zum Beruf machen wollte. Solche Erlebnisse tragen dazu bei, dass sich ein junger Mensch nicht bloß entwickelt, sondern auch reift.
„In den Jahren, in denen ich da war, durfte ich viel erleben, von der Welt sehen und Wissen aufsaugen“, reflektiert Sternberg heute. „Es hat mir sehr geholfen mich dahin zu bringen, wo ich heute stehe.“ Auch abseits des Fußballfeldes wurde sein Leben um Einiges erlebnisreicher. Freundschaften wurden geschlossen, die bis zum heutigen Tag Bestand haben. Durch den Sport erlernte er zudem ein noch höheres Maß an Disziplin und Ordnung.
Von der Elbe an die Weser
2013 war das Kapitel HSV für Sternberg beendet. Der Jungspieler entschied sich für einen Wechsel zum großen Nordrivalen aus Bremen. Er habe das Gefühl gehabt, nicht mehr voranzukommen. Nach unzähligen Einsätzen in der Regionalligatruppe des HSV, trainierte er zwar öfters bei den Profis mit und stand auch drei Mal im Kader. Jedoch waren die Verantwortlichen nie mutig genug den Youngster einzusetzen.
„Ich war oben immer dran, aber meine Chance hat sich beim HSV leider nicht ergeben“, blickt der Linksfuß zurück. „Deshalb brauchte ich mal einen Tapetenwechsel.“ Als dann der SV Werder Bremen anfragte, war er mit seinem Berater für Gespräche bereit. Der Bremer-Plan überzeugte den wechselwilligen Spieler sehr schnell und erzielte in der Folge eine recht fixe Einigung.
Somit war der Sprung an die Weser besiegelt. Aus einem Schwarz-Weiß-Blauen wurde ein Grün-Weißer. Damit einhergehend folgte der Auszug aus Heimatort und Elternhaus. Eine neue Herausforderung stand dem Familienmenschen Janek Sternberg bevor. „Seine Familie ist ihm am allerwichtigsten“, erzählt Oliver Zebold. „Er denkt immer erst an die Anderen bevor er sich um sich selber kümmert.“ Daher war es für ihn ein schweres Unterfangen von Leezen und somit von seinen Angehörigen wegzuziehen.
„Ich fühle mich dort sehr wohl.“
Eineinhalb Jahre ist Sternberg nun schon in Bremen tätig. Er scheint an der Weser angekommen zu sein. Denn nicht nur das sportliche, sondern auch das private Umfeld hinterlässt einen durchweg positiven Eindruck beim heranwachsenden Bundesligaspieler.
„Ich fühle mich dort sehr wohl“, berichtet der frischgewordene Erstligaspieler. „Ich habe viele tolle Leute kennenlernen dürfen. Zudem mag ich die Stadt.“ Dass es für ihn selber die richtige Entscheidung war aus dem Kokon, welches aus dem Heimatort Leezen und dem HSV bestand, zu schlüpfen, wurde am Samstag den 29 November 2014, dem 13. Spieltag der Fußballbundesliga, bestätigt.
Durch Ausfälle und Sperren seiner Konkurrenten wurde der Straßenfußballer in die Startelf des SV Werder Bremen gespült. Als er bei der Teambesprechung im Hotel davon erfuhr, kannte seine Freude keine Grenzen. „Kein Gerät der Welt hätte meinen Puls messen können“, gibt er zu.
Sein Debüt ist ihm geglückt. Es bleibt abzuwarten, was noch auf ihn zukommt. Auf Janek Sternberg und seinen Traum vom Profifußball.