Vorschau // Nudelparty mal anders
Hansa gegen Braunschweig ist kein normales Drittligaspiel. Zumindest für die Rostocker. Denn am Sonntag könnte sich entscheiden, wie die restliche Saison verläuft. Hoffentlich schmeckt diesmal die Bolognese.
1. Nudelparty
Wenn ich Braunschweig höre, denke ich an Nudeln. Leider nicht an leckere Makkaroni mit Wurstgulasch und geriebenen Cheddar. Sondern an Braunschweiger Nudeln. Na, machts klick?
Im Aufstiegsjahr 2007 (HACH, 2007!) holte sich die Rostocker Mannschaft ordentlich Magendisko vor dem damaligen Auswärtsspiel. Die Nudeln im Hotel waren schlecht, das Carb-Loading zwang die Rostocker zuhauf in die etwas kleinere Kachelkabine. Das Spiel ging 1:1 aus. Hansa, eigentlich Favorit, hatte gegen den späteren Absteiger die Hosen voll. Das war die gute Zeit, als der FC Hansa – angeblich – sogar für die Wettmafia relevant war.
2. Warum Hansa nicht die Hose voll haben muss
Anders als damals ist am nahenden Sonntag der BTSV (klingt nach öffentlichem Nahverkehr, oder?) der große Favorit. Die Niedersachsen sind sogar Tabellenführer. Eine schlechte Bolognese mit dem Hack von vorgestern kann der FC Hansa dieses Jahr nicht mit Gledson-Superpower kompensieren.
Wobei: Ist die Favoritenrolle wirklich so klar verteilt wie wir alle fürchten? Der FC Hansa hat sich nämlich verstärkt. Insgesamt vier Spieler erstand Martin Pieckenhagen im Sommerschlussverkauf. Atilgan, Omladic, Nartey und Pedersen – klingt aufjedenfall schonmal divers. Und divers finde ich persönlich gut.
Und der letzte Drittliga-Eindruck? Der saß so gut wie „Finch Asozials“ Vokuhila. Gegen Münster spielte Hansa endlich zu null und offensiv gefällig. Und das Beste: Die Trainer und die Mannschaft hatten zwei Wochen, um sich auf das kommende Spiel in Braunschweig vorzubereiten und einen Teil der neuen Hoffnungsträger zu integrieren. Auch das macht optimistisch. Zumal der FC Hansa unter Jens Härtel die großen Gegner fast immer besser bearbeitete als die kleinen Racker. Granitblöcke sind die Liebesperlen des Hanseaten.
3. Warum dieses Spiel die Saison besonders beeinflussen kann
Fußball ist bekanntlich ein Stimmungsspiel. Besonders in der Dritten Liga. Das sportliche Niveau ähnelt sich so stark, dass ein Drittligaspiel gelegentlich mehrmals pro 90 Minuten kippt. Hin- und herschwankt wie ich nach dem siebten Moscow Mule im Studentenkeller. Es gewinnt oft nicht die talentiertere, sondern die mental bessere Mannschaft. Und Siege, das weiß jeder, der mal die halbblinde Oma beim Canasta abgezogen hat, sind immer gut für die Moral.
Als ich am Dienstag durch Rostock spazierte, den norddeutschen Regen nebst Dobidöner genoss, atmete ich sie wieder, die Euphorie. Sie ist da, in kleinen Sporen dürfen wir sie inhalieren. Es sind vor allem die neuen Spieler, die motivieren. Der Däne Rasmus Pedersen erinnert ein bisschen an Thomas Rasmussen. Ist er nur halb so gut sein Vorgänger, halten die Meckerköppe auf der Nord erstmal dicht. Atilgan, der ja namentlich etwas nach Hustensaft klingt (Atilgan plus C), linderte bereits gegen Münster die Entzündungen in Hansas Offensivspiel. Und Omladic kann auf Instagram gut zu Popsongs im Auto posieren – Beweglichkeit ist also vorhanden. Eine wichtige Eigenschaft in der eher holzbeinigen Dritten Liga. Und Nartey reimt sich auf Lartey. Auch das reicht schon für einen kleinen Kitzler der Hansa-Seele.
Wenn Hansa den Tabellenersten besiegt, und auch noch gut spielt, gibt das also sehr viel Auftrieb. Die Mannschaft hat jetzt zweifellos das Talent und die Breite, um mit den besten Teams mitzuhalten. Sie kann es sich jetzt gleich zu Beginn beweisen. Viel schwieriger als Braunschweig, auswärts, wird es nicht mehr.
Ganz platt: Wenn Hansa die blau-gelben Miezekätzchen schlägt, dann wissen auch die Chef-Pessimisten, dass da noch was geht. Guter Fußball zumindest.
Verliert Hansa hingegen, ist der positive Vibe erstmal weg. Das Zweifeln beginnt. Und mancher wird sich fragen: Wenn Danish Dynamite, Justin Omladic und Atilgan plus C nicht helfen, was dann?
4. Wer ist am Wochenende wichtig?
Defensiv. Markus Kolke, bei dem wir noch rätseln, ob er bei unter 20 Grad im NVA-Parka aufläuft. Egal, was die Frostbeule trägt, wichtig wird der Schlussmann ohnehin sein. Braunschweig hat 18 Tore in sieben Spielen geschossen, das ist ein überragender Schnitt. Braunschweigs Destiny Childs Kobylanski, Bär und Proschwitz sind extrem spielstark, der letztgenannte ist mit 1,92 Meter eine echte körperliche Erscheinung, der Bären-Braunschweiger. Die Gefahr: Braunschweig ist sowohl am Boden als auch in der Luft gefährlich. Hansa braucht also einen guten Torhüter, da selbst eine stabile Verteidigung nicht alle Chancen verhindern können wird.
Dazwischen: Ich habe ihn letzte Woche so abgefeiert wie den Song “Cola Korn” von den Monsters of Liedermaching: Kai Bülow. Den Dude. Den “The Big Bülowski”. Er hat Hansa stabilisiert, ein Tor geschossen. Mit ihm in der Härtels-Eleven ist Hansa in dieser Spielzeit ungeschlagen. Kurzum: Es gibt keinen Grund, daran etwas zu ändern.
Offensiv: Braunschweig fraß bisher – wie Hansa – neun Gegentore. Besonders auffällig: Darunter waren vier Treffer, die sich die Niedersachsen selbst reinlegten. Stressresistenz sieht anders aus.
Ebenfalls bemerkenswert: Braunschweig ist relativ anfällig für Flanken und Hereingaben, gerade wenn sie flach oder halbhoch in den Strafraum fliegen. Da Aaron Opoku der Rostocker ist, der am besten hinter die Viererkette kommt, nimmt er eine Schlüsselrolle ein. Insgesamt hat der FC Hansa das Potenzial, um die Braunschweiger mit Tempo und spielerisches Umschalten unter Druck zu setzen.
5. Was noch wichtig ist
Sahar Khodayari. Die junge Iranerin hat sich vor einem Gericht verbrannt, um gegen die Ausgrenzung der Frauen in ihrer Gesellschaft zu demonstrieren. Khodayari war verhaftet worden, als sie versuchte, vermummt ein Fußballspiel zu besuchen. Frauen und Fußball, das passt für den Iran “religiös” nicht zusammen. Was für ein Bullshit. Fußball gehört allen. Punkt.
Ich greife die Geschichte hier absichtlich auf. Vor ein paar Wochen habe ich in Rostock ein Gespräch zweier Deppen in der Tram mitbekommen. Frauen, sagten zwei halbstarke Pickelgesichter Ende Zehn, hätten im Ostseestadions nichts verloren. Sie hatten auch so einen geilen Slogan für ihre Pubertäts-Diarrhoe. Irgenwas mit” … raus aus dem Stadion”.
Capital Bra, gestreckter Pfeffi und Clerasil machen im Zusammenspiel wohl doch die Birnen hohl. Also an alle Eiterbläschen-Boys in ihren Yakuza-Windeln, die Angst vor dem anderen Geschlecht haben: Frauen beißen nicht. Und Fußball, und damit auch Hansa, ist verdammt nochmal für alle da.
6. Die BTB-Bold-Prediction
Marco Königs schießt das Siegtor, indem er einen Braunschweiger anschießt. Ohne Flachs: Ich würde es ihm gönnen. Ich bin ja kein Königs-Fan. Sein Spielstil ist für mich etwas antik. Aber was er gegen Ingolstadt und Münster zeigte, gerade sein Pass auf Opoku im letzten Heimspiel, das war stark. Königs hat sich um einhundert Prozent gesteigert.
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